Der Winter kommt

0

Wie sich der Einzelhandel auf den Run auf die Weihnachtsgeschenke vorbereitet. 

Der so genannte Black Friday wird traditionell zwar eher in den USA zelebriert, doch auch in Deutschland wird das Shopping-Ereignis immer bekannter und beliebter. Der Black Friday läutet den Beginn des Shoppings für Weihnachtsgeschenke ein und trat erstmals in den USA in den frühen 1950er Jahren auf – die Rabattschlacht findet normalerweise in den Tagen nach Thanksgiving statt. Mit der Globalisierung fand diese Tradition nach und nach den Weg auch in andere Märkte – so auch nach Deutschland. Daten von Black-Friday.Global (statistische Daten, die an Black Friday gesammelt und von Picodi.com analysiert werden) zeigen, dass  2018 über 90 Prozent der befragten Verbraucher wussten, dass dieser Tag existiert. Tatsächlich planen die Deutschen, in Online-Shops und im stationären Handel am Black Friday durchschnittlich 211 Euro auszugeben. Am meisten Geld geben Verbraucher in den USA und Kanada aus. Das verlängerte Black Friday-Wochenende wurde 2005 mit der Einführung des Cyber Mondays (der Montag nach Thanksgiving) durch den Einzelhandel nochmals verlängert, um das Online-Shopping anzukurbeln. Adobe beispielsweise verzeichnete allein am Cyber Monday in 2018 einen Umsatz von 7,9 Milliarden US-Dollar.

Heute maximieren Einzelhändler den Umsatz, indem sie die Weihnachtseinkaufssaison über das typische viertägige Wochenende hinaus auf fast einen Monat ausdehnen und dabei die Jagd auf Weihnachts- und Neujahrsgeschenke nutzen.

Während der Reiz der langen Verkaufssaison sowohl für Verbraucher als auch für Einzelhändler enorm ist, kann der drohende Ansturm für viele Einzelhändler fast zum Alptraum werden. Doch macht man den Trend nicht mit, kann dies signifikante Auswirkungen auf das Weihnachtsgeschäft und den Jahresumsatz haben.

Product, Pricing und Promise als Erfolgsfaktoren

Einzelhändler rechnen zwar bereits mit einem Anstieg der Verkaufszahlen während dieses Zeitraums, allerdings wurden sie in der Vergangenheit oftmals vom tatsächlichen Ansturm überrascht. 2018 verzeichneten die Einzelhändler in Deutschland laut Black-Friday.Global am Black Friday ein Umsatzwachstum von satten 2.418 Prozent im Vergleich zu einem normalen Verkaufstag. Bei den Vorbereitungen auf die Schnäppchenjagd müssen die Einzelhändler im Voraus planen und investieren, um die Interaktion mit den Kunden über „Product“, „Pricing“ und „Promise“ hinweg zu stärken.

Aktuell sinken die Kosten für Datenverarbeitung und Tools für etwa künstliche Intelligenz (KI), Machine Learning und Datenanalyse. Diese können Einzelhändler dabei unterstützen, die Verfügbarkeit der richtigen Produkte zu einem optimalen Preis zu ermitteln – und vor allem das Versprechen einzuhalten, das sie den Kunden geben.

Die Menge der Daten macht es heute viel einfacher, das erwartete Verbraucherverhalten auszuwerten und es für personalisierte Werbeaktionen und Erlebnisse zu nutzen.

  • Product: Um einen Kunden nicht aufgrund ausverkaufter Produkte zu enttäuschen, müssen Händler auf Daten zurückgreifen, die im Vorfeld definieren, welche Produkte wahrscheinlich in welcher Menge angefragt werden. Der richtige Bestand am richtigen Ort zur richtigen Zeit ist entscheidend, um Abschriften und Ausverkauf-Situationen zu vermeiden. Im Zeitalter des Omnichannel-Einzelhandels bedeutet dies, über alle Kanäle hinweg über die richtigen SKUs zu verfügen.
  • Pricing: Wie viel Rabatt gewährt wird, ist ein entscheidendes Element der Verkaufssaison. Der moderne Verbraucher ist gut informiert und erkennt „falsche“ Rabatte. Einzelhändler sollten deshalb die Preissensibilität nach Demographie und Geografie untersuchen, um zu einem optimalen Preis festzulegen. Dabei sollten sowohl vergangene Verhaltensmuster der Verbraucher als auch Zukunftsprognosen unter Verwendung von Machine Learning und KI zum Einsatz kommen, denn dadurch lassen sich Indikatoren in Sachen Stimmung, Absicht und Ausgaben der Verbraucher mit demographischen Details ableiten. Gezielte Angebote und Rabatte können die Preise für die gesamte Produktpalette optimieren.
  • Promise: Das „Promise“ kann schon ganz in der tatsächlichen Verfügbarkeit eines beworbenen Produkts sowie der Einhaltung von Lieferzeiten liegen. Jede Nichteinhaltung einer Verpflichtung kann zu einer schweren Beeinträchtigung des Kundenvertrauens führen, die sich auf die zukünftige Beziehung auswirkt.

Für Einzelhändler ist es jedoch kein einfacher Weg. Um beispielsweise einen optimalen Bestand zu erhalten, verlassen sich die Einzelhändler auf die Nachfrageprognose – die aber leider fehleranfällig sein kann. Die meisten Prognosemodelle berücksichtigen keine Variablen wie Wetter oder politische Veränderungen, die einen großen Einfluss auf den Umsatz haben.

Zum Beispiel Großbritannien: Hier machen Unsicherheiten über die Brexit-Verhandlungen den Markt aktuell sehr unberechenbar. Eine aktuelle Studie von Deloitte zu den Einzelhandelstrends in Großbritannien für 2019 hebt eine starke Verbraucherwirtschaft hervor, gepaart mit stagnierendem Verbrauchervertrauen, hoher Kaufkraft und einer zunehmenden Verlagerung in den E-Commerce. All dies führt dazu, dass die in Großbritannien ansässigen Einzelhändler in einem Zustand der Unsicherheit leben, da sie noch höhere Rabatte gewähren müssen, um in einem wettbewerbsintensiven Markt zu bestehen.

Darüber hinaus sind Handelsunternehmen oft schlecht gerüstet, um die dynamischen Nachfragezyklen der bestehenden IT-Infrastruktur zu bewältigen. Traditionell investieren Einzelhändler nur etwa ein Prozent ihres Umsatzes in die IT. Toys R Us und Maplin, die unter dem Druck des Online-Handels litten, sind typische Beispiele für etablierte Legacy-Marken, die nicht mit den Veränderungen im Einkaufsverhalten der Verbraucher Schritt halten können.

Best Practices zur Orchestrierung eines erfolgreichen Sales

Vorab planen: Fragen rund um den Produktmix, die Lagerbestände, zusätzliches Personal, Logistik und Lagerung müssen rechtzeitig vor dem Verkaufszeitraum beantwortet werden, um die notwendige Infrastruktur und Prozesse zu schaffen. Die Richtlinien für Rückgabe und Umtausch müssen sorgfältig ausgearbeitet werden. Dynamische Prognosen, Bestandsplanung sowie eine kognitive Lieferkette, die auf neuen Technologien basiert, können eine Schlüsselrolle bei der Prognose, Strategieentwicklung und zusätzlichen Ressourcenplanung spielen.

Das richtige Erlebnis schaffen: Der Markt ist gesättigt. Jeder Einzelhändler konkurriert im gleichen Zeitrahmen und oft genug mit den gleichen Zielkonsumenten um Aufmerksamkeit. Wie schaffen Händler ein Erlebnis, das den Käufer in ihr Geschäft lockt oder ihn so begeistert, dass er auf die Schaltfläche „Kaufen“ klickt? Mikrosegmentierung, gezielte Angebote und Personalisierung sind die Tricks des Handels, die mit Technologien wie Big Data, Internet of Things (IoT) und KI ermöglicht werden.

Umsetzung, die das „Promise“ unterstützt: Eine robuste Infrastruktur sowohl für IT als auch für Nicht-IT, klar definierte Prozesse sowie ein flexibles Supply Chain-Modell sind die Grundpfeiler, auf die ein Einzelhändler setzen kann, um seine Versprechen an die Verbraucher zu erfüllen. Um sicherzustellen, dass die IT-Infrastruktur auch bei hoher Nachfrage bestehen kann, muss sie proaktiv und präskriptiv sein – und nicht reaktiv. Das bedeutet, drohende Ausfälle schon im Vorfeld vorherzusagen und Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu verhindern. Analytik, KI und Automatisierung sind die großen Player in diesem Bereich.

Die Vorbereitung auf den großen Ansturm in der Woche von Black Friday und Cyber Monday kann eine einmalige Übung für Einzelhändler sein; aber sie hilft dabei, eine agile, intelligente und datenzentrierte Organisation aufzubauen, die Nachfrageschwankungen schnell und problemlos adressieren kann. Die Implementierung eines soliden technologischen Rahmens kann Herausforderungen bewältigen und die Gewinne im Laufe des Jahres maximieren.