Warum der Black Friday 2020 anders wird als alle zuvor

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Der Black Friday ist in den USA der Auftakt des Weihnachtsgeschäfts und ein wichtiges Datum für den Einzelhandel. In den letzten Jahren haben sich die Rabattangebote von Geschäften und dem Online-Handel über den Tag hinaus ausgedehnt – viele Anbieter machen ein Gros ihres Jahresumsatzes an diesen Tagen Ende November, Anfang Dezember.

2020 stellt sich die Lage allerdings anders dar: Die Corona-Krise schmälert die Kaufkraft. Doch statt den Kopf in den Sand zu stecken, können Läden und Geschäft die Herausforderung als Chance nutzen, um ihre Strategien zu überdenken und ihnen einen guten Grund für den Besuch zu geben.

Der Black Friday ist der Freitag nach Thanksgiving, dem Erntedankfest, das in den USA am vierten Donnerstag im November gefeiert wird. Für viele Amerikaner ist er ein Brückentag für ein langes Familien-Wochenende und ebenso der Auftakt der Weihnachtseinkäufe: Die Menschen haben Zeit und sind in Konsumlaune.

Black Friday – laut der American Dialect Society hat der Name seinen Ursprung in Philadephia bereits im Jahr 1966: Die Polizei soll den Freitag nach Thanksgiving so genannt haben, da Tausende Menschen in die Innenstadt strömten, die Bürgersteige überfüllt und die Geschäfte belagert wurden. Überall war die Hölle los. Am Black Friday wurden also schon immer hohe Umsätze in Läden gemacht, der mit Sonderangeboten weiter angeheizt wurde und wird. Viele US-Ketten öffnen ihre Türen schon früh am Morgen oder bereits am Vorabend.

In den USA spielt sich der Black Friday in erster Linie im stationären Einzelhandel ab – in Deutschland dagegen ist der Online-Handel voll darauf angesprungen. Den Anfang machte Apple bereits 2006 mit speziellen Angeboten. Vier Jahre später rief Amazon den Cyber Monday aus, den Montag nach Thanksgiving. Amazon erhöhte die Zahl der Angebote Jahr für Jahr und limitierte ihre zeitliche Verfügbarkeit, um noch größere Kaufanreize zu schaffen. Außerdem verlängerte der Online-Riese die Aktionstage auf eine ganze Woche, die Black Friday Week und seit dem Durchbruch 2013 haben sich in Deutschland die großen Online-Händler wie Media Markt, Saturn, Otto und Zalando angeschlossen.

Seit 2005 werden in den USA am Black Friday die höchsten Umsätze eines Jahres erzielt – er gilt als Trend-Indikator für das Weihnachtsgeschäft und ist für den Handel ein wichtiges Datum. In Deutschland erreichten die Umsätze des Online-Handels 2018 an beiden Rabatt-Tagen 2,5 Milliarden Euro. Laut HDE Handelsverband Deutschland nutzten zwei Drittel der Online-Shopper die Aktionstage auch für ihre Weihnachtseinkäufe und tätigten dabei mehr als die Hälfte ihrer Ausgaben für Geschenke.

Der Black Friday im Corona-Jahr

Die Corona-Krise ändert die Ausgangslage. Für die Kaufbereitschaft der Konsumenten in Deutschland liegen verhaltene Prognosen vor.

Auf der anderen Seite hat Corona gerade dem Online-Handel einen Boom verschafft.  Hatte der Online-Handel den stationären Einzelhandel schon vor Corona unter Druck gesetzt, zwingt ihn die Krise nun mehr denn je zum Umdenken: Er muss den Kunden einen Grund geben, vor Ort einzukaufen und braucht eine Incentivierung, die nicht rein preisgetrieben ist.  „Das Stichwort Customer Experience hat in diesem Jahr noch weiter an Bedeutung gewonnen. Mehr denn je muss man den Käufern einen Grund geben, in den Laden zu gehen – erst recht, wenn Sicherheitsbedenken vorhanden sind und Faktoren wie ein Mundnasenschutz den ein oder anderen stören,“ kommentiert Uwe Morawe, Managing Director der TMS Gruppe, den Shift.

Online-Handel und stationärer Handel stehen vor Herausforderungen

Der Handel musste in diesem Jahr schnell reagieren: Auflagen für Sicherheit und Hygiene und die damit verbundenen Kosten sowie Einschränkungen im Tagesgeschäft waren und sind nach wie vor für viele eine Herausforderung. Auch das Verhalten der Kunden hat sich verändert: Besuche in den Geschäften werden seltener, dafür bleiben die Kunden länger vor Ort. Die Hygiene-Auflagen mit einer begrenzten Kundenanzahl, Mundschutz und Abstandsregeln führten dazu, dass in erster Linie gezielte Bedarfskäufe getätigt werden. Hier verbirgt sich Potenzial.

Die meisten Online Shopper wissen schon genau, was sie online suchen und klicken gezielt – ein Schlendern und sich Inspirieren lassen wie im Einzelhandel findet hier meist nicht statt. Der Einkauf vor Ort dagegen hat eher einen Event-Charakter, man sammelt Ideen, schaut sich Produkte genauer an und geht auf Entdeckungstour.

Hinzukommt, dass auch der Online-Handel an seine Grenzen kommt, auch wenn Online-Käufe für den Verbraucher in Krisenzeiten bequem und sicher sind. Es gibt Bottlenecks in der Supply Chain und bei der Paketzustellung. Nicht jedes Produkt eignet sich zudem für den Online-Kauf wie große oder schwere Formate oder Lebensmittel. Technische Geräte oder Produkte mit Erklärungsbedarf müssen online entsprechend aufwändig präsentiert werden. Auch die technische Infrastruktur muss stimmen – und die Shops skalierbar und in der Lage sein, den Workload am Black Friday oder im Weihnachtsgeschäft stabil zu händeln.

Der Einzelhandel braucht Ideen und Kreativität

Auch in Krisenzeiten kann der Einzelhandel punkten: Nur muss er seinen Kunden noch bessere Gründe geben vorbeizukommen. Die Anreize müssen über die Produkte in den Regalen hinausgehen – die Customer Experience ist deswegen wichtiger denn je. Die längere Aufenthaltsdauer im Laden ist die Chance, Umsatz zu machen. Dafür sind professionelle Betreuung und Beratung essentiell: Der Kunde will abgeholt, aber nicht belästigt werden. Das Personal muss unaufdringlich mit sozialer Kompetenz auftreten und natürlich Produkte und Marken genau kennen. Auch eine angenehme Atmosphäre tragen dazu bei, dass sich der Kunde wohlfühlt. So kann das Gefühl von Normalität vermittelt werden – viele Menschen sind pandemiemüde und sehnen die alten Verhältnisse zurück. Der Einzelhandel muss natürlich die Hygiene-Auflagen ernst nehmen und die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften gewährleisten können.

Neben dieser Sicherheit und fundierter Beratung braucht der Einzelhandel intelligente Angebote. Er kann es zum Beispiel mit Angeboten wie Click und Collect oder Curbside Pickup den Kunden ermöglichen, ihre Ware online zu bestellen und vor Ort abzuholen, ohne den Laden betreten zu müssen. Ein weiterer Aspekt: Die Räume, für die man Miete bezahlt, nutzen – auch das ist mit einem Pick-Up-Angebot möglich. Besonders im asiatischen Raum haben Einzelhändler Live-Streams aus den eigenen Räumen als Vermarktungsinstrument entdeckt, das sich gerade für erklärungsbedürftige Produkte anbietet. Mit Streams können aus dem Laden heraus Kunden gebunden und die Anonymität reduziert werden. Auch eine Anpassung der Öffnungszeiten wäre eine Möglichkeit.

Mit Blick auf den Black Friday sollten Einzelhändler früher mit Deals ins Rennen gehen: Amazon hat zum Beispiel den Prime Day in den Oktober geschoben – Retailer sollten reagieren. Dabei ist es nicht sinnvoll, sich auf einen Preiskampf einzulassen. Der Einzelhandel hat den Vorteil, dass er seine Kunden am besten kennt und damit weiß, was bei ihnen ankommt. Hier können intelligente Produktkombinationen Upselling-Potenziale heben. Mit verschiedenen Deals können Kundenströme gesteuert und der Black Friday mit Events gestreckt werden.

Ein großer Faktor ist zudem das kontaktlose Einkaufen. Gerade, was die Zahlungsmethoden anging, hinkte der deutsche Einzelhandel hinterher: Viele Geschäfte akzeptieren keine Kartenzahlung oder erfordern einen Mindestbetrag. Läden, die eine Zahlung mit Karte erlauben, handeln nicht nur hygienekonform, sie bieten auch einen besseren Service.

Fazit

Der Black Friday war immer das große Eröffnungsevent für das Feiertagsgeschäft. 2020 muss der Einzelhandel umdenken, auf veränderte Shopper-Bedürfnisse eingehen. Der stationäre Handel sollte mögliche Chancen wie neue Shopping-Formate ausprobieren. Eine starke Kundenbindung ist das A und O – der Käufer muss einen guten Grund haben, den bequemen Online-Kauf durch einen Kauf vor Ort zu ersetzen.