Künstliche Intelligenz für den Handel

0

Artificial Intelligence aus Verbrauchersicht – Heilsbringer oder Damoklesschwert? Das ECC Köln hat in seiner Studie die Erwartungen von Konsumenten und Händlern zur Künstlichen Intelligenz beleuchtet.

Es ist ein Buzzword, dass die Handelswelt aktuell in Atem hält: Künstliche Intelligenz. Die wahre Bedeutung inklusive Abgrenzung, beispielsweise zu „Machine Learning“, ist häufig unklar. Dennoch weckt der Begriff bei vielen Entscheidern im Handel große Erwartungen. Sie versprechen sich insbesondere einen besseren Service für ihre Kunden, die Entlastung der Mitarbeiter von Routinetätigkeiten und Kostenvorteile.

Der Einsatz von Chatbots zur Beantwortung von Kundenfragen stellt wohl eines der prominentesten Beispiele für eine ­Anwendung dar, bei der diese drei Ziele ­erreicht werden sollen. Wie sehen aber Konsumenten Künstliche Intelligenz? Was verbinden Sie mit diesem Begriff? Welche Erwartungen und Befürchtungen haben Sie? Mit Unterstützung der ECC-Clubmitglieder ist das ECC Köln diesen Fragen nachgegangen. Im Folgenden werden einige Kernergebnisse der aktuellen ECC-­Studie „Künstliche Intelligenz“ vorgestellt.

Konsumenten geben nur ungern persönliche Daten weiter – mit Ausnahmen von E-Mail-Adresse, Name und Geburtsdatum (Quelle: ECC Köln/Otto Group)

Akzeptanz datengetriebener Services durch Verbraucher

Während Händler den Begriff „Künstliche Intelligenz“ überwiegend positiv konnotieren, überwiegen die negativen Assoziationen auf Konsumentenseite weiterhin deutlich. Kritisch wird unter anderem der Ersatz von Personen durch Maschinen gesehen. Insbesondere die Kommunikation wird als unpersönlich empfunden. Auch befürchten sie eine Anpassung des Menschen an die KI und Vereinsamung. Die Gefahr des Datenmissbrauchs ist darüber hinaus omnipräsent.

Ergebnisse der Studie „Handel mit der ­Zukunft“, bei der das ECC Köln gemeinsam mit Otto Group Konsumenten internet­repräsentativ ­befragt hat, zeigen klar, dass Konsumenten zwar oft eine diffuse Angst vor Datenmissbrauch haben, aber nur schwer einschätzen können, an welchen Stellen sie Daten preisgeben. So geben 51 Prozent der Befragten an, noch nie Daten zum Kaufverhalten preisgegeben zu haben. Davon ­kaufen jedoch 90 Prozent online ein und 74 Prozent nutzen Kundenkarten.

Diese Diskrepanz wird auch bei Bewegungsdaten deutlich. So glauben 68 Prozent der Befragten, solche Daten noch nie freigegeben zu haben, davon nutzen jedoch 80 Prozent regelmäßig Navigationsdienste. 63 Prozent der Befragten glauben, noch nie persönliche Daten genutzt zu haben. Davon sind 95 Prozent regelmäßige WhatsApp-Nutzer.

Preisgabe von Daten nur für klare Mehrwerte

Diese Beispiele verdeutlichen, dass Konsumenten häufig nicht erkennen, wo sie überall digitale Spuren hinterlassen und ihre Daten preisgeben. Sie zeigen aber auch, dass viele von ihnen bereit sind, sich über etwaige Bedenken bezüglich der Datenpreisgabe hinwegzusetzen, wenn sie einen klaren Mehrwert in der Nutzung des jeweiligen Dienstes erkennen. Die größten Mehrwerte liegen dabei im Bereich Convenience: Bequemlichkeit sehen 58 Prozent der Befragten als wichtigen möglichen Vorteil an; Zeitersparnis sind für 45 Prozent relevant. Inspiration spielt hingegen eine untergeordnete Rolle (15 Prozent der Befragten). Wie wichtig die klare Herausstellung von Mehrwerten ist, zeigen die starken Bedenken, die Konsumenten mit Blick aufdigitale Technologien äußern: 33 Prozent der Befragten haben Bedenken hinsichtlich der Datenweiterverarbeitung, 31 Prozent äußern generelle Vertrauensbedenken. Jeder Fünfte befürchtet, nicht entscheiden zu können, wie die Daten weiterverarbeitet werden. Jeder Zehnte sieht die Gefahr der Abhängigkeit von Technologien.

Eine klare Kommunikation der Anbieter bei der Nutzung von künstlicher Intelligenz mit Betonung der Convenience-Vorteile ist also zwingend erforderlich, um eine breite Akzeptanz – so auch von Künstlicher Intelligenz – zu erreichen.

Aus der ECC-Club-Studie 2019 lassen sich vier zentrale Ergebnisse ableiten

Daten und KI als Gamechanger
Künstliche Intelligenz bietet vielfältige Anwendungsmöglichkeiten und kann in vielen Märkten zum Gamechanger avancieren. Gerade im Zeitalter der Data Driven Customer Centricity ist Datenkompetenz ein zentraler Enabler und damit kritischer Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Kundenbeziehung.

Mehrwerte, Mehrwerte, Mehrwerte
Mit technologischen „Spielereien“ zum Selbstzweck können Kunden nicht (nachhaltig) gewonnen und begeistert werden. Konkrete Mehrwerte hingegen wirken anziehend und sind in der Lage, bestehende Bedenken der Nutzer zu überlagern. Um solche konkreten Mehrwerte generieren zu können, ist Kundenzentrierung oberstes Gebot.

Vertrauen in Leistung
Der hohen Unsicherheit von Konsumenten bezüglich der Datenpreisgabe und der Datenverarbeitung seitens der Unternehmen muss begegnet werden. Transparenz in der Kommunikation kann ein Startpunkt sein, allerdings muss die Basis über konkrete Mehrwerte für die Nutzer ausgebaut werden.

Jetzt handeln
Die wahrgenommenen Chancen des Einsatzes von KI überlagern die Risiken deutlich. Unternehmen sind gefordert, sich damit auseinanderzusetzen und Chancen für das eigene Business zu ergreifen. Unter der Devise „Verstehen – Machen – Skalieren“ sollten Unternehmen im Kleinen starten und Schritt für Schritt Use Cases erarbeiten – den Kunden stets im Fokus.

Das Bewusstsein, dass allein das Verhalten im Internet jede Menge Daten freisetzt, ist bei den meisten Konsumenten nicht vorhanden (Quelle: ECC Köln/Otto Group)

ROSE Bikes: Digital Experience durch KI verbessern

Als mittelständisches Unternehmen ist ROSE Bikes ein Vorreiter im Einsatz Künstlicher Intelligenz: Das Unternehmen hat sich auf individuelle und nach Kundenwunsch aufgebaute Fahrräder spezialisiert und setzt Künstliche Intelligenz ein, um auf der eigenen Onlineplattform relevante Inhalte für jeden Kunden, angepasst an Vorlieben, Wünsche und Anforderungen, auszuspielen. Entsprechend bietet KI die Möglichkeit, mit den Kunden in Echtzeit zu interagieren und Lösungen unmittelbar anzubieten.

Die Verknüpfung zum stationären Bereich besteht dann darin, dass sich Kunden in mittlerweile drei stationären Geschäften vermessen lassen können und diese Daten in einem digitalen Profil gespeichert werden.

Dies hat den Vorteil, dass das Unternehmen nicht nur Kleidung in passgenauen Größen anbieten kann, sondern beispieslsweise auch Sättel und Fahrrad­gestelle individuell produziert werden können. ROSE Bikes bietet somit ein übergreifendes und ganzheitliches Kundenerlebnis an, um nicht nur den eigenen Kunden besser kennenzulernen, sondern auch das Produktportfolio mittels Künstlicher Intelligenz anzupassen.

Klares Fazit der Studie: KI bietet deutlich mehr Chancen als Risiken für den Handel (Quelle: ECC-Club-Studie 2019)