Verbraucher wollen beim Einkaufen nicht mit einem Roboter sprechen

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Das Einkaufsverhalten der Menschen ist einem stetigen Veränderungsprozess unterworfen. Wie, wann und warum eingekauft wird, folgt keinen Regeln. Diese Veränderungen verändern nicht nur die Erwartungen und Erfahrungen der Kunden, sondern den gesamten Einzelhandel. Marktstudien zeigen, dass Einzelhändler den Hype um neue Technologien ausblenden und sich auf ein einfaches und optimiertes Einkaufserlebnis konzentrieren sollten.

Der Einzelhandel befindet sich im Umbruch – und viele Einzelhändler haben Schwierigkeiten, Schritt zu halten. Dies zeigt sich in einer aktuellen Studie, die NetSuite zusammen mit Wakefield Research und The Retail Doctor, einem von Expertenberater und Business-Mentor Bob Phibbs gegründeten Beratungsunternehmen für den Einzelhandel, durchgeführt hat. Das wichtigste Ergebnis: Einzelhändler und Kunden haben unterschiedliche Erwartungen. Die Studie fördert Unterschiede in Bereichen wie dem gesamten Einzelhandel, Social Media, Personalisierung und dem Einsatz neuer Technologien – Chatbots, künstliche Intelligenz (KI) und Virtual Reality (VR) – zutage.

Auch wenn sich viele Faktoren im Einzelhandel ändern, gibt es doch eine Konstante: Stationäre Ladengeschäfte sind immer noch wichtig. Tatsächlich geben 97 Prozent der befragten Verbraucher an, dass sie immer noch gerne in physische Geschäfte gehen, insbesondere um Lebensmittel, Kleidung, Schuhe und Möbel zu kaufen.

Für Einzelhändler heißt dies allerdings nicht, dass sie weiter „Business as usual“ machen sollten. Die Erwartungen der Verbraucher an stationäre Geschäfte entwickeln sich weiter. Während 73 Prozent der Einzelhändler das Einkaufserlebnis als einladend empfinden, geben mehr als die Hälfte der Verbraucher an, dass sie gestresst, ängstlich, allein, überfordert oder verwirrt sind, während sie in den Geschäften sind. Veränderungen sind also eindeutig notwendig.

Kunden wünschen sich laut der Studie zudem eine schlichtere Ladengestaltung und die Möglichkeit für die Mitarbeiter, Bestellungen auf mobilen Geräten und Kiosksystemen zu tätigen – auch wenn Produkte nicht im Laden verfügbar sind. Mit anderen Worten: Kunden erwarten mehr Auswahl und Komfort, darunter auch kurze Wartezeiten an der Kasse. Bei der Frage nach spezifischen Technologien, die Kunden verwenden möchten, stehen Self-Checkout-Kassen ganz oben auf der Liste.

Als Reaktion auf diese Nachfrage hat eine Reihe von Unternehmen damit begonnen, das Einkaufserlebnis zu rationalisieren und zu vereinfachen. Zum Beispiel ist Hammitt, ein US-amerikanischer Designer luxuriöser Handtaschen, aktuell damit beschäftigt, Pop-up-Stores mit speziellen Displays in den Kaufhäusern von Dillard zu kreieren. Auf diese Weise erhofft sich Hammitt einen breiteren Kreis von Verbrauchern an einem für ihre Kunden noch komfortableren Ort zu erreichen.

Was bewirkt Social Media?

Die Rolle von Social Media scheint im Einzelhandel bislang missverstanden zu werden. Während 98 Prozent der im Rahmen der Studie befragten Einzelhändler glauben, dass Social Media für den Aufbau von Beziehungen zu Verbrauchern entscheidend ist, geben lediglich zwölf Prozent der Käufer an, dass Social Media einen Einfluss auf ihre Beziehung zu Marken und Geschäften hat. Das bedeutet nicht, dass Einzelhändler auf Social Media verzichten sollten. Es ist ein wichtiger Kanal, der künftig noch an Bedeutung gewinnt. Stattdessen sollten sich Händler darüber im Klaren sein, was Social Media kann und was nicht. Social Media ist keine Art von Allheilmittel, mit dem sich das Kundenerlebnis verbessern und andere geschäftliche Probleme lösen lässt. Für Einzelhändler ist es ein Kanal, um mit verschiedenen Zielgruppen ins Gespräch zu kommen. Zweck sollte sein, mit den Kunden zu sprechen, statt über sie zu sprechen.

Im Januar dieses Jahres stellte Outdoor Voices, eine Lifestyle-Marke, die technische Bekleidung für die Freizeitgestaltung herstellt, während eines Panels der NRF (National Retail Foundation) verschiedene Möglichkeiten vor, wie es Instagram zur Kundenbindung einsetzt. Zu diesen Methoden gehören die Werbung für Produktideen, das Zusammenbringen einer Community von Freizeitsportlern inklusive der Nutzung von Hashtags, die Erstellung von benutzergenerierten Inhalten sowie der Ausbau der Zusammenarbeit mit Makro- und Mikro-Influencern. Durch die Konzentration auf Engagement statt auf Volumen konnte das Unternehmen sowohl emotionale Verbindungen zu seinen Kunden als auch eine breiter angelegte Diskussion in den sozialen Netzwerken aufbauen.

Persönlich werden

Personalisierung ist für den Einzelhandel Herausforderung und Chance zugleich. Zweiundvierzig Prozent der von den Studienmachern befragten Verbraucher geben an, dass sie bereit seien, für eine bessere Personalisierung höhere Preise zu bezahlen. Allerdings glaubt die überwiegende Mehrheit der Führungskräfte im Einzelhandel (89 Prozent) nicht, dass sie über die notwendigen Tools und Daten verfügen, um ihren Kunden ein besseres Einkaufserlebnis zu bieten. Und die Personalisierung ist oftmals komplizierter als man denkt. Einzelhändler bewegen sich auf einem schmalen Grat, wenn es um die Beantwortung der Frage „Wie persönlich ist zu persönlich?“ geht.

Der Studie zufolge haben die Einzelhändler viel zu tun, um diese Frage zu beantworten. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der Verbraucher sind unzufrieden mit der Art und Weise, wie Geschäfte Technologien zur Verbesserung der Personalisierung einsetzen – und fast die Hälfte (45 Prozent) berichtet von negativen Emotionen, wenn sie personalisierte Angebote online erhalten. Es gibt aber nicht nur schlechte Nachrichten. Einzelhändler wie Toad&Co., ein Unternehmen für aktive Lifestyle-Bekleidung, das sozial und ökologisch korrekte Bekleidung für Männer und Frauen anbietet, haben bereits eine Antwort gefunden. Um das Kauferlebnis für seine Kunden weiter zu personalisieren, hat Toad&Co. untersucht, wie seine Kunden über alle Kanäle hinweg mit dem Unternehmen interagieren. Mit den gewonnenen Erkenntnissen konnte das Unternehmen seine Kunden in fünf Kategorien einteilen, basierend auf deren Auftragsvolumen und Ausgaben, und entsprechend die Interaktion mit den Kunden personalisieren.

Glänzende neue Technologien sind nicht das Allheilmittel

Während sich die Einzelhändler bewusst sind, dass sie nicht über die Werkzeuge und Informationen verfügen, die sie benötigen, um die sich schnell ändernden Kundenerwartungen zu erfüllen, ergab die Studie auch, dass der Hype um KI, VR, Chatbots mit Vorsicht genossen werden sollte. So glauben beispielsweise nur 14 Prozent der Verbraucher, dass neue Technologien wie KI und VR einen erheblichen Einfluss auf ihre Kaufentscheidungen haben werden. Weniger als die Hälfte (48 Prozent) der Befragten geht zudem davon aus, dass diese Technologien beeinflussen, wie wahrscheinlich es ist, dass sie in ein Geschäft gehen.

Das Gleiche gilt für Chatbots. Sprachbasierte Systeme wie Alexa und Siri werden zunehmend im Privatleben genutzt. Zwar haben diese Technologien das Potenzial, die Art und Weise, wie wir in Zukunft mit Marken umgehen, zu verändern. Dennoch bleibt es bisher beim Potenzial. Derzeit wollen 95 Prozent der Verbraucher beim Einkaufen nicht mit einem Roboter sprechen, so die Ergebnisse der Studie. Für den Einzelhändler bedeutet dies, dass er sich auf das zugrunde liegende Geschäftsproblem und das Kundenerlebnis konzentrieren sollte, das er den Käufern bieten möchte.

Alton Lane, ein Hersteller von Herrenmode, wollte beispielsweise sicherstellen, dass die Kunden Anzüge, Hemden und Hosen erhalten, die perfekt passen – und gleichzeitig ein entspanntes Einkaufsumfeld bieten. Um diese Geschäftsziele zu erreichen, setzt das Unternehmen 3D-Bodyscanner ein, die 300 Messungen durchführen, und richtet seine Geschäfte mit einer Bar, gemütlichen Stühlen und Fernsehern ein, die damit eher einer Lounge als einem Laden ähneln.

Fazit

Jede Branche ist mit ständig wechselnden Erwartungen konfrontiert, nicht nur von den Verbrauchern, sondern auch von Mitarbeitern, Partnern und einer Vielzahl verschiedener Interessengruppen. Der Einzelhandel steht an vorderster Front bei diesem Wandel;  obwohl er entmutigend erscheinen mag, schafft er erstaunliche Wachstumschancen, wenn es Händlern gelingt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Einzelhändler haben derzeit kein technologisches Problem. Technologie um der Technologie willen wird keinem Unternehmen helfen, zu überleben und zu wachsen. Stattdessen sollten sich Einzelhändler auf ihre Kerngeschäftsziele konzentrieren. Darauf, die sich ändernden Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher zu verstehen. Nur dann können sie bestimmen, welche Technologie sie auf dem Weg dorthin unterstützt.