Digitale City-Plattformen gegen das Aussterben des stationären Einzelhandels

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Dem stationären Einzelhandel in den Innenstädten fehlen zunehmend die Kunden. Ein starker Treiber für diese Entwicklung ist die Corona-Pandemie. Durch sie hat sich das Einkaufsverhalten der Menschen, das sich durch die zunehmende Digitalisierung ohnehin in einer Transformation befindet, noch schneller und stärker in Richtung Internet verlagert – mit nachhaltigen Effekten.

Viele lokale Initiativen, die digitale Lösungen zur Stärkung des stationären Einzelhandels entwickelt haben, scheitern. Nortal, Spezialist für Lösungen für die digitale Transformation zeigt, wie City-Plattformen aufgebaut sein sollten, um die Standortattraktivität, Lebensqualität und Wertschöpfung zu fördern.

„Die Städte stehen aktuell nicht nur vor der Herausforderung, dass die Menschen zunehmend im Internet einkaufen, sondern auch, dass der Online-Handel von wenigen großen Internetplattformen dominiert wird. Umso mehr gilt es, effektive Lösungen zu entwickeln, um die Digitalisierung zum Vorteil für die lokale Wirtschaft, Einwohner und Touristen zu nutzen. Der Wille aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zur Stärkung des stationären Einzelhandels scheint vorhanden und durch die Corona-Pandemie einmal mehr, aber bisher gibt es keine dauerhaft tragfähigen Modelle“, erklärt Ole Behrens-Carlsson, CEO Nortal.

Fünf Faktoren für ein erfolgreiches Plattform-Konzept

Digitale City-Plattformen als Innovationswerkzeug: Eine deutschlandweite Nortal-Studie ergab, dass 59,9 Prozent der Befragten finden, dass der Einzelhandel, die Gastronomie und Kulturstätten ihrer Stadt nur schlecht im Internet sichtbar sind. Dem soll entgegengesteuert werden, indem Plattformen den Händlern z.B. ein digitales Schaufenster bieten oder dort lokale Online-Marktplätze gebildet werden, auf denen Produkte ortsansässiger Händler bestellt werden können. Der Erfolg derartiger Plattformen bleibt jedoch bisher weitestgehend aus.

Gründe dafür sind unter anderem, dass das Sortiment oft deutlich kleiner und begrenzter ist als auf den führenden E-Commerce-Plattformen. Deren Dominanz und Sichtbarkeit ist außerdem so groß, dass die Vielfalt des lokalen Angebots in der digitalen Welt kaum wahrgenommen wird.

„Die bereits in verschiedenen Städten installierten City-Plattformen verfügen oft über eine entsprechende Nutzerbasis und ein flexibles technologisches Gerüst. Das kann als Vorteil genutzt werden. So können diese Plattformen zum Beispiel als Innovationswerkzeug dienen, um neue Technologien und Geschäftsmodelle in Bereichen wie Augmented Reality, Geomarketing und Smart-City zu erproben. Sie werden also zur Testplattform dafür, wie sich neue digitale Ansätze wie Social Shopping, Gruppenkäufe oder Flash Sales auf den stationären Handel übertragen lassen“, sagt Hendrik Lume, Partner und Senior Business Consultant bei Nortal.

Radikale Nutzerzentrierung als Erfolgsfaktor: Die radikale Zentrierung auf die Nutzerbedarfe ist wesentlicher Erfolgsfaktor einer digitalen City-Plattform. Neben den Inhalten und Funktionen muss diese auch eine zeitgemäße Nutzererfahrung bieten. Dies umschließt Design und Bedienbarkeit. „Der Anwender sollte mit seinen Bediengewohnheiten, die er zum Beispiel von den App-Prinzipien kennt, abgeholt werden. Der heutige Konsument möchte schnell und einfach ans Ziel gelangen. Vertraute Prozesse fördern die Dauer und Häufigkeit der Nutzung. Regelmäßige User-Recherchen unterstützen dabei, die Angebote stets auf den aktuellen Bedarf zuzuschneiden“, erklärt Ole Behrens-Carlsson.

Relevanz vor Kommerzialisierung als Geschäftsprinzip: Derzeitige digitale City-Plattformen orientieren sich oft an der Intention ihrer Initiatoren, nicht am tatsächlichen Nutzerbedarf. Solche Plattformen haben häufig nicht ausreichend Relevanz, um regelmäßig genutzt zu werden oder werden als reine Werbeplattformen wahrgenommen, weil sie es nicht schaffen, relevante Bedürfnisse ihrer Anwender zu befriedigen. Daher sollten die Inhalte und Funktionalitäten darauf ausgelegt sein, dass sie eine hohe Bedeutung im Leben der Zielgruppe haben. 50,1 Prozent der befragten Nutzer wünschen sich z.B. Online-Angebote der Verwaltung wie einen Online-Service zur Passverlängerung oder bei Ummeldungen des Wohnorts, während 45,1Prozent Angebote der lokalen Geschäfte und Wirtschaft wie Online-Shops vermissen. Die Präferenzen der Nutzer sollten beim Aufbau der Nutzerbasis im Vordergrund stehen, bevor der Grad an Kommerzialisierung erprobt wird.

Städteübergreifende Kooperation zur Bündelung von Kräften: Erfolgreiche Lösungen für einen spürbaren Einfluss auf den Wandel der Innenstädte können einzelne Städte allein nicht umsetzen. Bisher entstehen individuelle Insellösungen, die mit den Plattformen der Konzerne in der Regel nicht mithalten.

Hendrik Lume empfiehlt: „Es sollte eine gemeinsame technologische Basis für City-Plattformen entwickelt werden. Dazu sollten sich interessierte Städte oder kommunale Unternehmen zusammenschließen, Ressourcen und Know-how bündeln und weitere Synergien nutzen. Auf Basis einer einheitlichen IT-Architektur und eines Grundstocks an entsprechenden Funktionalitäten lassen sich weitere Services integrieren und neue Geschäftsmodelle für Anbieter unterschiedlicher Art ausprägen.“

Zusammenarbeit vertrauenswürdiger Akteure als Fundament: Die digitalen City-Plattformen sollten also aus Sicht des Anwenders gedacht und gestaltet werden. Dennoch müssen sie von Anbeginn von einer breiten Koalition lokaler Stakeholder aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unterstützt werden. Dies stärkt das Vertrauen der Anwender sowie der lokalen Unternehmen, die sich hier beteiligen sollten. Die Kerngruppe der Stakeholder sollte jedoch überschaubar bleiben, damit eine einheitliche Strategie gut umsetzbar ist. Hier empfehlen sich vertrauenswürdige Akteure mit hoher Kompetenz, Finanzkraft, entsprechenden Ressourcen und tiefer regionaler Verwurzelung wie kommunale Unternehmen und Banken.

Ole Behrens-Carlsson resümiert: „Es werden in den nächsten Jahren immer mehr innovative Lösungen für den stationären Einzelhandel, die Gastronomie sowie die Veranstaltungs- und Tourismuswirtschaft entstehen. Digitale City-Plattformen können diese bündeln, bereitstellen und die Basis für neue Geschäftsmodelle und Wertschöpfung schaffen. Gleichzeitig bilden sie die wichtige Brücke zwischen dem Internet und stationären Handel. Es gilt also jetzt, übergreifende, tragfähige und nachhaltige Lösungen für die deutschen Innenstädte zu entwickeln.“

Weitere Informationen im Nortal-Whitepaper „Digitale City-Plattformen – die Chance für den stationären Einzelhandel nach der Krise“.14