Lohnt sich: Checkout-Prozess optimieren!

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Für Onlinehändler gibt es kaum etwas Ärgerlicheres, als den Kunden während des Bestellprozesses wieder zu verlieren. Schließlich hat er ihn oft teuer über diverse Marketingmaßnahmen eingekauft. Leider ist dieses Szenario aber die Regel, denn die Abbruchrate im Onlinehandel liegt bei rund 70 Prozent, wie eine Studie des Baymard Institute zeigt.

Die Ursachen sind vielfältig: Oft sind es zu hohe Kosten, z.B. für den Versand. Bei immerhin 18 Prozent der Absprünge aber kann der Händler aktiv gegensteuern: Denn oft dauert dem Kunden einfach der Checkout-Prozess zu lange oder er empfindet ihn als zu kompliziert. Wie Händler mit einem optimalen Checkout-Prozess mehr Conversion erzielen und an welchen Stellschrauben sie dafür drehen müssen, erklärt Onlineshop-Experte René Dalock, Director Projects bei Scayle, Commerce-Technologie-Anbieter von About You.

Bitte nicht abschrecken mit langen Formularen

Je mehr Felder der Kunde beim Checkout ausfüllen muss, desto größer wird seine Ungeduld und damit die Wahrscheinlichkeit, dass er den Kauf abbricht. Gerade, wenn der Kauf über mobile Gadgets erfolgt, ist Einfachheit und Geschwindigkeit oberstes Gebot. Hierbei zählt übrigens auch der erste Eindruck, denn selbst wenn viele Felder optional sind, können sie eine abschreckende Wirkung haben. Hier drei kleine Tricks, um das Checkout-Formular möglichst kurz zu halten:

  • Fassen Sie die Vorauswahl für Rechnungs- und Lieferadresse zusammen, da sie meist identisch sind. Für zusätzlich benötigte Felder kann der Nutzer z.B. eine Checkbox anklicken.
  • Felder wie z.B. „Straße” und „Hausnummer” sollten zusammengefasst werden
  • Verbergen Sie selten benötigte Felder wie z.B. „Firma” oder „Adresszusatz”. Sie können z.B. ausklappbar angeboten werden

Eine gute Idee ist auch ein Gast-Checkout. Für Erstkäufer, die sich keinen Kundenaccount anlegen möchten, verringert das die Abbruchwahrscheinlichkeit. Und auch wenn der Händler so keine Kundenhistorie aufbauen kann, ermöglicht er damit eine positive Kauferfahrung und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass erneut gekauft wird – und dann vielleicht auch eine Anmeldung erfolgt. Fortgeschrittener ist es, die Anmeldung des Gastbenutzers mit dem Markieren einer Checkbox kurz vor dem Abschluss des Kaufs durchzuführen. Auf dieses Weise hat der Kunde idealerweise bereits eine positive Erfahrung im Shop gemacht und erkannt, dass sich eine Anmeldung lohnt.

Je weniger Formularfelder desto besser

Shopbetreiber können den Kauf-Prozess zusätzlich vereinfachen, indem sie diesen automatisieren. Bei Bestandskunden ist dies leicht zu bewerkstelligen, da Kundendaten und Bestellhistorie vorliegen. Warum also nicht die vorhandenen Informationen nutzen und die Checkout-Formulare automatisch vor-ausfüllen? Damit beschleunigt sich der Bestellprozess deutlich und macht vor allem beim mobilen Surfen auf dem Smartphone einen großen Unterschied. Standardmäßig werden die zuletzt genutzten Optionen ausgewählt und der Kunde ist in der Lage, mit nur wenigen Klicks zu kaufen. Idealerweise wird der Kunde so direkt auf den letzten Schritt des Checkouts geleitet und kann mit nur einem Klick den Kauf bestätigen.

Versand- und Zahlungsoptionen sollten Händler unbedingt den Gewohnheiten der Käuferzielgruppen anpassen. Gerade im internationalen E-Commerce gibt es lokal große Unterschiede. Hat der Shop dann z.B. nicht den gewohnten Versanddienstleister oder die gewohnte Zahlungsart, bricht der Kunde den Kaufprozess möglicherweise ab. Heute können Versand- und Zahlungsoption auf Produkt UND Kundengruppe optimiert werden. Das ermöglicht beispielsweise, langjährigen Stammkunden auch bei höheren Warenkorbwerten einen Kauf auf Rechnung anzubieten. Aber Achtung: Gewohnheiten verändern sich. So haben manche Versand- und Zahlungsdienstleister heute einen schlechten Ruf und wirken daher abschreckend. So war z.B. die Zahlungsmethode “Überweisung” früher ein Hit, heute wirkt sie eher altbacken.

Anforderungen an Verfügbarkeit und Versand

Um Enttäuschungen während des Bestellprozesses zu vermeiden ist zudem wichtig, die Verfügbarkeit der Ware für den Zeitraum des Bestellprozesses sicherzustellen. Das bedeutet, dass Produkte, die der Kunde in den Warenkorb legt, während des Checkout-Prozesses nicht out-of-Stock laufen dürfen. Um das Vertrauen der Kunden nicht aufs Spiel zu setzen, sollten Händler ihr Shopsystem daher so einrichten, dass Lagerbestände am besten im Sekundentakt überprüft werden. Reservierte Ware kann entweder gleich im Lager oder aber nur im Shopsystem reserviert werden, je nach internen Prozessen und Verkaufskanälen.

Auch unerwartete Versandkosten erhöhen die Abbruchraten. Wenn möglich sollten Händler ihre Preise daher so kalkulieren, dass sie die Ware versandkostenfrei ausliefern können. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Kunden im Zweifel eher höhere Preise akzeptieren, aber keine Versandkosten. Auch die Versanddauer spielt eine Rolle: Ist sie zu lang, springen Kunden ab. Natürlich sollen Händler nicht lügen, aber die Angabe einer größeren Spanne wie z.B. “2-5 Tage” statt “ca. 5 Tage” hilft da schon weiter.

Vertrauen gewinnen und durch Fokus

Der erste Eindruck des Checkouts entscheidet, ob ein Kunde den Kaufprozess fortführt oder nicht. Es ist also wichtig, dass er vertrauenswürdig aussieht. Alle Schritte müssen klar erkennbar sein und die Seiten dürfen nicht nach Fake aussehen. Gütesiegel, wie z.B. Trusted Shops, helfen bei der Vertrauensbildung. Zudem sollte der Checkout frei von jeglicher Werbung sein. Während Cross-Selling im Shop ausdrücklich erwünscht ist, gilt das nicht im Checkout: Hier soll der Kunde nicht abgelenkt werden und sich nur auf seinen Kauf fokussieren.

Schnelligkeit gewinnt

Autor: René Dalock ist Director Projects bei Scayle, der B2B- und Tech-Division About You. Die Scayle Commerce Engine liefert Markenherstellern und Händlern die Komponenten, um ihr digitales D2C-Geschäft zu skalieren. Zu den Kunden zählen ca. 100 Online-Shops in 26 europäischen Ländern, u.a. Marken wie Marc O’Polo, Depot, The Founded und Tom Tailor.

Zahlreiche Studien haben bewiesen, dass eine eindeutige Korrelation zwischen langsamen Ladezeiten und steigenden Abbruchraten besteht. Und selbst wenn die Conversion Rate durch einen langsamen Seitenwechsel nur in der Größenordnung von z.B. 0,5 Prozent sinkt, hat das im E-Commerce deutliche Auswirkungen: Bei 1.000 Besuchern gehen 5 Käufer verloren. Bei einem durchschnittlichen Warenkorbwert von 70 Euro (beispielsweise im Fashionbereich) ergibt das einen Umsatzunterschied von 350 Euro. Bei Shops mit 10.000 Besuchern pro Tag summiert sich der entgangene Umsatz bereits auf 3.500 Euro pro Tag – bzw. auf über 100.000 Euro im Monat. Optimierung ist hier also kein Luxus, sondern zahlt sich in barer Münze aus.

Um Ladezeiten zu optimieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B. durch Caching und die richtige Komprimierung von Bildern. Speziell beim Checkout hilft der Einsatz einer Single Page Application (SPA), bei der alle Schritte nacheinander ablaufen, ohne dass die Seite neu geladen werden muss.

Performance sicherstellen

Tage wie z.B. Black Friday sind für den Checkout eine Herausforderung. Denn die Last, die hier durch Tausende von Kundenanfragen im System entsteht, ist enorm. Zahlreiche Prozesse laufen gleichzeitig und fordern schwindelerregende Peaks in der Auslastung: Kundendaten werden kontrolliert, Versand- und Bezahloptionen aufgerufen, Bestände werden sekündlich geprüft und eine Lieferzeitvoraussage errechnet. Da sollte nichts schief gehen, denn nichts verunsichert Kunden mehr als ein Bestellprozess, der plötzlich ausfällt und er nicht weiß, ob die Bestellung erfolgt und bezahlt ist oder nicht.

Ein zuverlässiger Checkout ist sozusagen die Mindestanforderung an einen vertrauensvollen Onlineshop. Das bedeutet insbesondere für große Shops, dass bereits vor einer wichtigen Kampagne ausgiebige Lasttests durchgeführt werden sollten und Auto-Skalierungsmechanismen eingeführt werden sollten, um Schwankungen abzufangen.