Einzelhändler müssen sich weiterentwickeln, um relevant zu bleiben

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Die Pandemie und die einhergehenden Entwicklungen der vergangenen 18 Monate führten weltweit zu einer Art seismischem Wandel in der Einzelhandelsbranche. Laut einer aktuellen Studie von Eurostat nutzten 89 Prozent der Menschen in der EU in 2020 das Internet. 65 Prozent kauften online ein – dies zeigt die wachsende Relevanz des E-Commerce während dieser herausfordernden Zeit.

Noch ist das Ende der Pandemie nicht abzusehen, die neuen, angepassten Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher werden allerdings voraussichtlich auch nach der Krise noch bestehen bleiben.

Nicht nur die Einkaufsgewohnheiten haben sich grundlegend geändert, sondern auch die Lebenseinstellung der Verbraucher – Einzelhändler müssen dies erkennen und in ihr Angebot integrieren. Beispielsweise legen immer mehr Menschen Wert auf ihr direktes Umfeld sowie Themen wie Achtsamkeit, Gesundheit und einen besseren Lebensstil.

Im Vergleich zu anderen Branchen, war der Einzelhandel bisher zögerlich bei der Umsetzung der Digitalisierung und dem Einsatz neuer Technologien – die digitale Transformation der Industrie erfolgte nur langsam, aber dafür stetig. Die Pandemie zwang die Händler jedoch, das Tempo zu beschleunigen und bestehende Zeitpläne für ihre digitale Transformation drastisch zu verkürzen.

Der Status Quo ist keine Option

Während der Pandemie wurde deutlich, dass die Branche aktuell in zwei Kategorien aufgeteilt ist: Einerseits Unternehmen, die nicht schnell genug reagierten und von der Krise schwer getroffen wurden. Andererseits Einzelhändler, die sich sofort an die neue Realität anpassten und schnell reagierten – und auf diese Weise weiterhin erfolgreich waren und sind.

Vor der Pandemie spielte der Standort eine wichtige Rolle für den Umsatz, da dies die Anzahl der Laufkundschaft beeinflusste. Dies war jedoch während der Pandemie nicht mehr der Fall. Einzelhändler, die es erfolgreich durch die Krise schafften, definierten sich neu, um Kunden einen Mehrwert zu bieten. Beispielsweise wurde das reine Ladenangebot durch Online-Shops erweitert und ergänzt oder Geschäfte wurden flexibel für neue Modelle wie „Click & Collect“ genutzt. Diejenigen, die weiterhin auf „business as usual“ setzten und keine Veränderungen anstießen, wurden schwer getroffen.

In der neuen Normalität wettbewerbsfähig sein

Um künftig wettbewerbsfähig zu sein, sollten Einzelhändler bei der Planung ihrer digitalen Transformationsinitiativen folgende Punkte berücksichtigen:

  • Kunden in den Fokus rücken

Während der Pandemie wurden Einzelhändler überrumpelt, weil sie die neuen Gewohnheiten der Verbraucher nicht verstanden. Aus diesem Grund sollten Unternehmen Maßnahmen entwickeln, mit deren Hilfe sie näher an den Kunden sind. Damit haben sie ein besseres Verständnis für Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen – und können bei Marktentwicklungen schneller reagieren.

Kundenbindung ist das A und O im Einzelhandel und unterstützt nicht nur den Umsatz – beispielsweise durch neue Geschäftsmodelle wie abonnementbasierte Services –, sondern hilft Unternehmen auch dabei, Kundenpräferenzen zu verstehen. Die deutsche Discounterkette Lidl bietet Kunden beispielsweise die Möglichkeit, durch Einkäufe in den Filialen Punkte zu sammeln, die gegen Waren eingelöst werden können – dies erhöht die Kundenbindung. Und die internationale Sandwich- und Kaffee-Franchise-Kette Pret a Manger bietet Kunden eine Art monatliche Abo-Flatrate für Kaffee-Getränke.

  • Daten nutzen

Einzelhändler verfügen über einen wichtigen Umsatztreiber: Kundendaten. Die gesammelten Daten aus verschiedenen Kanälen und Quellen unterstützen Unternehmen dabei, wichtige Erkenntnisse über Kunden zu gewinnen. Das Datenvolumen steigt stetig, gleichzeitig sinken jedoch die Kosten für deren Verarbeitung – Datenanalyse sollte künftig also voraussichtlich kostengünstiger werden. Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) sind Einzelhändler in der Lage, künftige Trends und Entwicklungen besser zu prognostizieren. Darüber hinaus ermöglicht die von verschiedenen Lösungen generierte Datenmenge eine Art „Mikro-Segmentierung“ in der physischen Welt – Einzelhändlern können so flexibler agieren und auf individuelle Kundenwünsche eingehen.

  • Gleichgewicht zwischen Komfort und Erlebnis

Online-Shopping wird zunehmend komfortabler – die Geschäfte von morgen müssen deshalb den Balanceakt zwischen Komfort und Erlebnis schaffen. Künftig besuchen Kunden Geschäfte vermehrt, um ein einzigartiges Einkauferlebnis oder „Shoppertainment“ zu erleben – der Einkauf an sich rückt dabei in den Hintergrund. Mit zusätzlichen Optionen wie online bestellen und am gleichen Tag im Laden abholen, kann der stationäre Handel darüber hinaus genutzt werden, um das Online-Geschäft zu verbessern und voranzutreiben.

Remote-Arbeit oder hybride Arbeitsmodelle werden uns auch weiterhin begleiten. Der stationäre Handel wird sich deswegen voraussichtlich künftig in die Vororte und Wohngebiete verlagern, anstatt in Shops in hochpreisigen Hotspots zu investieren. Ebenso ist die Investition in neue Technologien notwendig: Beispielsweise hilft Automatisierung dabei, die Betriebskosten in den Geschäften unter Kontrolle zu halten, oder neue Formate für die Auftragsabwicklung ermöglichen beispielsweise ein intelligentes Netzwerk von Geschäften, die Bestandsdaten in Echtzeit austauschen. Darüber hinaus bieten kontextbezogene Instore-Angebote mit Augmented und Virtual Reality (AR/VIR sowie Gamification außergewöhnliche Einkauferlebnisse und Mehrwerte.

Im vergangenen Jahr erwies sich die COVID-Krise als Katalysator für das Wachstum des E-Commerce. Laut Nielson betrug die Online-Wachstumsrate in Italien das 16,2-fache des Offline-Wachstums, während diese Zahl für die Niederlande, Spanien und das Großbritannien jeweils 12,2, 11,2 und 11,1 betrug. Auch wenn sich das Wachstumstempo verlangsamen mag, so wird es doch weitergehen. Die Kaufmodelle entwickeln sich rasch weiter, vom traditionellen über den elektronischen Handel bis hin zum sozialen und dialogorientierten Handel. Während sich die Verbraucherkanäle weiterentwickeln, treibt Technologie an vorderster Front diesen Wandel voran. Einzelhändler müssen heute in Technologie investieren, um ihre Zukunft für morgen effektiv zu sichern.