Fashion 4.0: Digital zur nachhaltigen Mode

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Von der Baumwollplantage in die Spinnerei, weiter zur Stoffproduktion und von der Textilfabrik zum Händler: Mehrere tausend Kilometer reist ein T-Shirt durch die Welt, bevor es im Schaufenster auf der Stange hängt. Die Supply Chains der Bekleidungsunternehmen sind komplex, häufig sind mehrere Hundert Lieferanten, Produzenten oder Händler involviert. Selbst Einkäufer wissen daher oft nicht im Detail, welche Sub-Unternehmer überhaupt an der Lieferkette beteiligt sind, welche Materialien in der Produktion eingesetzt werden und welche Arbeitsbedingungen bei der Herstellung herrschen.

Mode: Nachhaltig und transparent ist gefragt

Das muss sich ändern. Der Trend geht in Richtung Transparenz und Nachhaltigkeit. Immer mehr Verbraucher möchten genau wissen, was hinter den Kulissen der Bekleidungsunternehmen passiert, woher das T-Shirt im Laden kommt und ob sie es mit gutem Gewissen tragen können. Viele Kunden entscheiden sich deswegen lieber für Händler, die auf nachhaltige Lieferketten setzen und höchste ökologische und soziale Standards gewährleisten.

Dass Konsumenten immer mehr Wert auf Transparenz und Verantwortung legen, zeigt auch die Studie „Nachhaltigkeit in der Mode“ der Stiftung Changing Markets: Mehr als 70 Prozent der deutschen Verbraucher sind der Meinung, dass Unternehmen Verantwortung für ihre Lieferketten und eine nachhaltige Herstellung übernehmen sollten. Fast 80 Prozent finden, dass Händler transparent über soziale und ökologische Nachhaltigkeit informieren müssen. Gleichzeitig steigen die Kundenansprüche: schnellere Lieferzeiten, flexiblere Retouren, Lieferstatus in Echtzeit oder Click & Collect in der Filiale noch am gleichen Tag.

Grüne Supply Chain mit digitalen Tools

Transparente Nachhaltigkeit bei höchster Geschwindigkeit und maximaler Flexibilität: Komplexere Anforderungen könnten Verbraucher an die Unternehmen fast nicht stellen. Denn in der Praxis bedeutet das: Sie müssen Warenbestände optimal planen, die Lieferanten und Zwischenhändler finden, die ebenso hohe Standards garantieren, und all das transparent in der Lieferkette abbilden. Gleichzeitig müssen sie Kunden über alle Kanäle hinweg ein rundum positives, komfortables und nachhaltiges Einkaufserlebnis bieten, eine schnelle, reibungslose Logistik gewährleisten und Erwartungen und Trends von Morgen schon im Voraus erkennen. Dafür sind sie auf intelligente Technologien angewiesen. Der Einsatz von zentralisierten Cloud-Plattformen, Blockchain, Radiofrequenzidentifikation (RFID), künstlicher Intelligenz (KI) und anderer Supply-Chain-Technologien hilft Unternehmen, Produkte besser zu verfolgen und zu kennzeichnen und Kunden eine ideale Customer Journey zu bieten.

Mehr Transparenz und Effizienz bei Lagerprozessen

Viele Betriebe, wie das Mailänder Modeunternehmen Moncler, bieten ihren Kunden schon heute einen detaillierten Blick in die Lieferkette: Verbraucher können über eine App und RFID-Chips den genauen Weg eines T-Shirts zurückverfolgen – bis zur Plantage, von der die Baumwolle stammt. Dadurch lässt sich nicht nur die Transparenz erhöhen. Modehändler können durch den Einsatz von RFID-Chips Produkte in Kombination mit einer integrierten IT-Plattform auch identifizieren und in Echtzeit verfolgen.

Achim Schneider ist Leiter der Retail Industry Business Unit bei SAP.

Um Überbestände in Lagern, und in letzter Konsequenz Überproduktion und Verschwendung von Kleidungsstücken, zu verhindern, können Unternehmen auf künstliche Intelligenz setzen. Schlaue Algorithmen verfolgen Lieferung, Bestand und Abverkauf der Produkte. Werden diese Daten zentral in einer Plattform nachgehalten, können KI-Lösungen daraus genaue Prognosen erstellen und vorhersagen, wann die Nachfrage nach welcher Kleidung steigen könnte. 70 Prozent der befragten Händler einer Studie des EHI Retail Instituts geben an, dass KI künftig eine der wichtigsten Technologien im Einzelhandel sein wird. Mehr als die Hälfte glaubt, dass die vorausschauende Datenanalyse Chancen zur Verbesserung bei der Warenallokation bietet.

Zusammensetzung der Materialien kennen

Für noch mehr Transparenz sorgt die Blockchain. Während RFID und künstliche Intelligenz dabei unterstützen, Textilien zurückzuverfolgen, lässt sich mit der Blockchain der gesamte Herstellungsprozess in einzelne Komponenten aufteilen. Jeder Schritt wird in digitalen Blöcken festgehalten: die Ernte der Baumwolle, die Verschiffung zur Spinnerei, die Zusammensetzung der Stoffe, Farben, die hinzugefügt werden und die beteiligten Lieferanten.

Auf einer zentralen Plattform können alle Stakeholder die einzelnen Komponenten und Herstellungsschritte einsehen. Eine solche Technologie ist elementar für eine effiziente und nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Recycling-Unternehmen etwa können in der Blockchain die einzelnen Parameter aus der Herstellung prüfen, die recyclebaren Komponenten entsprechend sortieren und das T-Shirt am Ende seines Lebenszyklus wieder in den Kreislauf zurückführen.