Gleichberechtigung im Einzelhandel

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Die Inzidenzwerte purzeln. Jetzt müssen alle, vor allem aber kleinere Einzelhändler das Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnen, wieder in ihren Läden einzukaufen. Die Self-Scanning-Technologie spielt dabei eine wichtige Rolle.

Bedeutende, disruptive Ereignisse waren immer schon die Initialzündung für Veränderung. Das zeigt die Wirtschaftsgeschichte, und das zeigt auch die Corona-Pandemie, die einen regelrechten Bewusstseinsexplosion für Digitalisierung angestoßen hat. Unternehmen und Behörden haben in den letzten Monaten gigantische Budgets für neue Infrastrukturen und Applikationen investiert, um mit dem veränderten Einkaufs- und Arbeitsverhalten von Millionen von Menschen mitzuhalten.

Kleinere Unternehmen bleiben in solchen Phasen meist auf der Strecke, weil sie in der Regel weder ausreichend Kompetenz noch genügend Budgets zur Verfügung haben, um ihre IT an die neuen Bedürfnisse anzupassen. Gerade kleinere Betriebe im Einzelhandel haben es schwer, weil sie gezwungen sind, gleich an zwei Fronten zu kämpfen: Erstens müssen sie sich gegen die übermächtigen und mit üppigen Ressourcen ausgestatteten großen Wettbewerber wehren, die den Modernisierungstakt im Markt vorgeben.

Zweitens ist es für sie essenziell, dass sie das Vertrauen der Verbraucher nach dem Abflachen der Pandemie mit überzeugenden Konzepten zurückgewinnen. Sicher werden sich viele Verbraucher nach monatelang erzwungenem Online-Shopping auf Einkaufsstraßen und Läden geradezu stürzen. Andererseits werden sich vorsichtige Kunden mit ausgeprägtem Gesundheitsbewusstsein nur zaghaft in die Läden trauen.

Einzelhändler müssen beide Zielgruppen abholen.

Sie brauchen dafür Hygienekonzepte und Sicherheitsrichtlinien, die die Mehrheit der Verbraucher als wichtig erachtet, so eine Studie des Marktforschers Ipsos; sie brauchen aber auch begleitende und innovative IT-Technologien, um die Hygienekonzepte wirkungsvoll umzusetzen. Aus zahlreichen Gründen ist Self-Scanning- und Self-Checkout eine solche Technologie.

Eine entsprechende Scan-and-Go-App können Kunden des Einzelhandels bequem auf ihre Smartphones installieren. Ab diesem Zeitpunkt gibt es für sie nur noch Vorteile, denn sie sind damit in der Lage, die Barcodes der Produkte einzuscannen, bevor sie sie in ihren Einkaufskorb legen. Vor dem Verlassen des Geschäfts können sie den Endbetrag dann kontaktlos per App oder an einem Terminal bezahlen. Der Kontakt zum Verkaufspersonal entfällt, und so entfällt auch das Anstehen an der Kasse und die manchmal intensive – und in Corona-Zeiten unangenehme – Nähe zu anderen Kunden.

Scan-and-Go-Lösungen bieten Verbrauchern aber noch weitere Vorteile. Basierend auf ihren Einkaufspräferenzen kann ihnen die App etwa auf sie zugeschnittene, personalisierte Angebote offerieren, auf Verkaufsaktionen hinweisen oder auf Rabatte aufmerksam machen. Weiterhin kann die App den Kunden Einkaufslisten zusammenstellen, sie kann Treuepunkte berücksichtigen oder Rezeptvorschläge machen.

Manche Lösungen nutzen sogar Augmented-Reality-Technologie

Manche Lösungen nutzen sogar die Augmented-Reality-Technologie: beim einfachen Erfassen eines Barcodes mit der App erscheint auf dem Bildschirm des Smartphones eine virtuelle Ebene mit produktspezifischen Informationen wie Testberichte, Kundenbewertungen, Preise, Inhaltsstoffe, Hinweise auf vergleichbare Produkte und sogar Videos. Allein diese Funktion schafft ein einzigartiges Einkaufserlebnis, das Kunden begeistert, so berichten zumindest Einzelhändler, die sie in ihre Kunden-App implementiert haben. Auch weitere Features steigern das Einkaufserlebnis, etwa Omni-Channel-Services und die Möglichkeit des Click and Collects: Kunden können ihre Waren damit online bestellen und anschließend im Laden abholen – oder umgekehrt, sie beurteilen also ein Produkt im Laden und lassen es sich anschließend nach Hause schicken. Gerade in den Lockdown-Phasen hat sich diese Art des Einkaufens für viele bewährt.

Der Markt ist reif für solche Technologien: Bereits 59 Prozent der großen europäischen Einzelhändler bieten einer Scandit-Studie zufolge Scan and Go an oder planen deren Einführung, damit werden solche Lösungen im Bewusstsein von Verbrauchern verankert und aufgrund der einfachen Bedienung und des stressfreien Einkaufens immer häufiger genutzt. Viele Händler, die diese Lösungen anbieten, haben eine zunehmende Nutzung ihrer Apps um teilweise mehr als 50 Prozent verzeichnet. Sie haben eine höhere Kundenbindung erzielt und eine durchschnittlich höhere Warenkorbsgröße konstatiert.

Das sind hervorragende Nachrichten für den Einzelhandel, gerade nach der langen Phase der zermürbenden Lockdowns. Allerdings darf die Nutzung solcher Lösungen nicht allein den großen Retailern vorenthalten bleiben, denn dann würde die Umsatzschere weiter anwachsen, und weitere Oligopole oder Konsolidierung könnten entstehen. Diese Entwicklung will niemand: weder wegen der Gefahr von Preisdiktaten, noch wegen der drohenden Gleichmachung der Innenstädte. Schließlich ist es erst die Vielfalt des Einzelhandels, die ein positives Einkaufserlebnis möglich machen.

Glücklicherweise lassen sich Self-Scanning-Lösungen inklusive fortschrittlicher Technologien wie Augmented Reality mittlerweile schnell entwickeln und implementieren, und das zu überschaubaren Kosten. Ob kleinere Händler nach Corona diese Investition tätigen wollen, müssen sie selbst entscheiden. Aber die Vorteile sind gewichtig: flexiblerer Personaleinsatz, größere Warenkörbe, steigende Online-Umsätze, zunehmendes Up- und Cross-Selling. Und zufriedene Kunden: In einer Studie des Marktforschers Forrester gab die überwältigende Mehrheit der Befragten an, dass neben der Preisgestaltung und dem Standort eine möglichst kurze Wartezeit beim Bezahlen ausschlaggebend ist, wenn sie über den Besuch eines Ladens entscheiden. Einen solchen Vorteil kann nur Self-Scanning bieten.

Autor: Samuel Mueller ist CEO und Mitgründer von Scandit, n Anbieter für Mobile-Computer-Vision- und Augmented-Reality-Lösungen.