EAS im Einzelhandel

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Wieso Diebstahlprävention die beste Strategie für Einzelhändler ist. Warum eine Elektronische Artikelsicherung immer wichtiger und zeitgemäßer wird. Und wie die Implementierung eines EAS-Systems am wirtschaftlichsten gelingt.

Der gesamte deutsche Einzelhandel verlor im Jahr 2021 laut EHI Retail Institute etwa 4,1 Milliarden Euro durch Inventurdifferenzen. Der Anteil der Verluste durch Diebstähle von Kunden, Beschäftigen, Lieferanten und Servicekräften betrug dabei rund 79 Prozent, das entspricht circa 3,23 Milliarden Euro. Diese Zahl allein ist bereits ausreichend Grund zum Handeln, was die Situation aber noch drängender macht, ist die große Dunkelziffer: Weniger als zwei Prozent der Diebstähle werden angezeigt. Rein rechnerisch kann man also davon ausgehen, dass jährlich über 19,8 Millionen Ladendiebstähle mit je einem Warenwert von 106 Euro unentdeckt bleiben.

Prävention ist besser als Reaktion

Was kann man aus diesen Zahlen ableiten? Eine mögliche Erkenntnis daraus könnte sein, dass es für Einzelhändler vor allem wichtig ist, präventive Maßnahmen zu ergreifen und weniger auf Strafverfolgung und Verbrechensaufklärung zu setzen. Aber aufgepasst: Eine Maßnahme, die früher äußerst populär war und auch heute noch häufig eingesetzt wird, sollte überdacht werden – das Wegschließen bzw. Wegräumen von teuren Waren und Waren mit hohem Diebstahlrisiko.

„Wenn Kunden Ware nicht sehen und erleben können, werden Spontankäufe ausgeschlossen und viele Cross-Selling-Möglichkeiten vergeben. Die Berechnung dieser entgangenen Einnahmen ist schwierig, aber wir konnten ermitteln, dass im umgekehrten Fall – also bei offener Warenpräsentation – die Umsätze steigen“, erklärt Hans-Jürgen Nausch von Checkpoint Systems, einem vertikal integrierten Anbieter von RF/RFID-Lösungen für den Einzelhandel. „Außerdem verspielt der stationäre Handel so einen seiner größten Vorteile gegenüber dem Online-Handel – das haptische Erlebnis.“ Das heißt, die ideale Lösung zur Diebstahlprävention muss nicht nur Diebstähle verhindern, sondern auch eine offene Präsentation der Waren begünstigen – sonst schaden sich Einzelhändler quasi selbst.

Die sicheren 3

Hinsichtlich dieser Anforderungen an die Artikelsicherung haben sich vor allem drei Lösungen bewährt: EAS, Kameraüberwachung und Sicherheitspersonal.

Das Sicherheitspersonal hat einige Vorteile, unter anderem eine sehr hohe Abschreckungswirkung, aber auch einige Schwachpunkte. Zum einen ist da der Kostenfaktor. Laut den Studien des Global Retail Theft Barometers macht das Wachpersonal weltweit den größten Teil der Budgets vieler Einzelhändler für die Verlustprävention aus. Zum anderen ist die Qualität der Überwachung schwer zu überprüfen, denn während in der Vergangenheit viele Unternehmen Sicherheitspersonal auf ihrer eigenen Gehaltsliste hatten, wird dies immer seltener. Und bei der Vertragsbewachung ist es schwierig, den Standard des Wachpersonals zu garantieren und seine Wirksamkeit zu messen.

Die Videoüberwachung kann zwar auch als präventive Maßnahme gewertet werden, wenn die Kameras sehr auffällig platziert sind und dadurch eine abschreckende Wirkung entfalten, allerdings besteht ihr Hauptbeitrag darin, im Nachhinein visuell zu klären, was, wie und wann passiert ist. Außerdem liefert sie den Einzelhändlern Hinweise auf die Identität der Beteiligten. Sie also in erster Linie eher eine Maßnahme zur Strafverfolgung nach erfolgter Tat.

Die dritte Lösung ist EAS – die Elektronische Artikelsicherung. Das Grundprinzip der EAS hat sich seit den 1960er Jahren nicht allzu sehr verändert. Es basiert auf der Prämisse, dass die Waren mit einem elektronischen Etikett versehen sind, das mit einer Antenne im Geschäft kommuniziert, die sich in der Regel in der Nähe des Eingangs/Ausgangs eines Geschäfts befindet.

Wenn das Etikett in Reichweite der Antenne kommt, ertönt ein Alarm, der das Personal und die Geschäftsleitung darauf aufmerksam macht, dass ein Artikel das Geschäft illegal verlässt. Einzelhändler haben bei EAS grundsätzlich die Wahl zwischen einer diskreten versteckten Kennzeichnung, bei der sich das RF-Etikett im Inneren der Verpackung befindet, und einer offenen Kennzeichnung, bei der ein deutlich sichtbares Etikett, manchmal sogar mit dem RF-Schaltkreis selbst, und eine Sicherheitsnachricht auf dem Etikett angebracht sind.

“Im Sinne der Diebstahlprävention sollte man auf jeden Fall auf die sichtbare Kennzeichnung setzen“, erläutert Hans-Jürgen Nausch von Checkpoint Systems. „So erhöhen die EAS-Etiketten nicht nur den Aufwand und das Risiko, erwischt zu werden, für professionellere Diebe, sondern schrecken auch wirksam Gelegenheitsdiebe ab. Das belegen auch Untersuchungen.“

EAS – zeitgemäße Artikelsicherung

Es gibt EAS seit über 40 Jahren in verschiedenen Technologieformaten. Durchgesetzt haben sich aber die akustisch-magnetische (AM) und die Hochfrequenztechnologie (RF). Diese Technologien unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt: der Frequenz, mit der sie arbeiten, gemessen in Hertz. Während AM ursprünglich die bevorzugte Frequenz für EAS war, hat sich in letzter Zeit ein Trend hin zu RF entwickelt – und das hat verschiedene Gründe: „Unter anderem sind RF-Systeme im Betrieb energiesparender als AM-Systeme, was natürlich in Zeiten der Energieknappheit und steigenden Energiekosten besonders attraktiv ist.

Ihr Gesamtenergiebedarf liegt um etwa 70 Prozent niedriger pro Geschäft, zusätzlich kann der Verbrauch durch die Koppelung mit einer intelligenten Stromschaltsoftware noch weiter reduziert werden“, führt Hans-Jürgen Nausch von Checkpoint Systems aus. „Auch bei der Erfüllung einiger in Deutschland geltender Richtlinien haben RF-Systeme die Nase vorn. Beispielsweise sind Einzelhändler beim Einsatz von EAS-Systemen dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF-Exposition) durchzuführen.“

Auch wenn sich die generelle Wirkweise der EAS seit den Anfängen nicht verändert hat, gab es zahlreiche Fortschritte seit der Einführung digitaler, softwaregesteuerter Lösungen – insbesondere im RF-Bereich. Verbesserungen bei der CPU-Kapazität haben die technischen Betriebsmöglichkeiten von RF-Systemen auf ein viel höheres Niveau gebracht. Die neueste Technologie verwendet beispielsweise sichere drahtlose Kommunikation anstelle von festverdrahteter Verkabelung. Größere Erfassungsbereiche ermöglichen breitere Gänge von bis zu 2,70 Metern zwischen den Antennen. Die Softwarefilterung reduziert Fehlalarme und ermöglicht eine bessere Alarmintegrität als je zuvor, und die Fernkonnektivität reduziert die Ausfallzeiten der Systeme im Fall der Fälle.

„Aber bei den Verbesserungen der modernen EAS-Systeme geht es nicht nur um Leistung, sondern auch um eine Verbesserung des Kundenerlebnisses. Es gibt eine große Auswahl an Designoptionen und zusätzlichen Funktionen, wodurch sich heute kein Einzelhändler mehr zwischen Warensicherung und Ladenoptik entscheiden muss. Der klassische „Gate-Look“ ist passé“, berichtet Hans-Jürgen Nausch von Checkpoint Systems. „Auch die Einschränkungen auf Produktseite, die frühere Systeme hatten, gibt es nicht mehr. Mittlerweile sind EAS-Etiketten für alle Produkttypen erhältlich, einschließlich lebensmittelechter und mikrowellengeeigneter Etiketten, die sogar auf Metallbehältern wie Dosen angebracht werden können.“

Ein weiterer Pluspunkt, den EAS-Systeme und besonders RF-basierte EAS-Systeme mit sich bringen: Sie unterstützen den Self-Checkout der Kunden, denn die Deaktivierung eines RF-Etiketts kann sowohl beim Scan-Vorgang des Barcodes durch den Kassierer als auch durch den Kunden selbst an einem Self-Checkout-Gerät (SCO) erfolgen. Durch diese Möglichkeit können RF-basierte EAS-Systeme in jede beliebige Selbstbedienungsanwendung integriert werden und lassen sich durch die Option, die gekennzeichneten Produkte erst nach Abschluss der Zahlung zu deaktivieren, weiter verbessern.

Zwei Schritte zum EAS-Einstieg

Im Idealfall würde ein Einzelhändler, der eine EAS-Lösung einsetzen möchte, jeden einzelnen Artikel in seinen Geschäften mit Sicherheitsetiketten ausstatten. Die Realität sieht aber oft anders aus: Das Anbringen der Sicherheitsetiketten im Ladenalltag ist kein leichtes Unterfangen, da die meisten Einzelhändler in Bezug auf verfügbares Personal knapp bemessen sind.

Es gibt oftmals schlichtweg nicht genug Mitarbeitende, um sich der umfassenden Etikettenausstattung und gleichzeitig den eigentlichen Aufgaben wie dem Verkauf und der Kundenberatung innerhalb der regulären Arbeitszeiten zu widmen. Und die Zuweisung zusätzlicher Arbeitsstunden für die Anbringung von Sicherheitsetiketten erzeugt erhebliche Kosten.

„Um die Einführung von EAS möglichst gewinnbringend zu gestalten, empfehlen wir Einzelhändlern zwei Punkte, die am besten kombiniert werden. Erstens sollte man sich beim Artikelschutz zunächst nur etwa auf die 20 am häufigsten gestohlenen Artikel konzentrieren. Zum einen reduziert das den Einführungsaufwand und zum anderen machen diese Waren einen unverhältnismäßig großen Anteil am Gesamtverlust aus. Konzentriert man sich auf sie, kann man die Verluste in kürzerer Zeit verringern, als wenn man versucht, ganze Warengruppen oder Warensortimente pauschal zu schützen. Es ist keine Seltenheit, dass dabei die Verluste bei diesen Hochrisikoartikeln um bis zu 50 Prozent gesenkt werden konnten“, erläutert Hans-Jürgen Nausch von Checkpoint Systems. „Zweitens sollten Einzelhändler ihr gewähltes EAS-Programm erstmal in einem Pilotprojekt testen, bevor sie es groß ausrollen. Dadurch können Sie den Return on Investment (ROI) vorhersagen und nachweisen, auch wenn jede Filiale einen leicht unterschiedlichen ROI hat, bevor eine große Investition getätigt wurde. Außerdem zeigt sich dabei auch, ob der Einzelhändler wirklich die für ihn passende EAS-Lösung ausgewählt hat, und das Team lernt überdies die Lösung effektiv und effizient zu nutzen, bevor dauerhaft „flächendeckend“ damit gearbeitet wird.“

Vereinfacht zusammengefasst müssen für ein solches Pilotprojekt die richtigen Geschäfte gewählt werden – möglichst repräsentativ für das gesamte Risikoprofil -, die passenden Produkte einbezogen werden – zu Beginn am besten die Hochrisikoartikel, die einfach zu kennzeichnen sind – und der richtige Zeitraum festgelegt werden – zwischen drei und sechs Monate. Und nicht zu vergessen: Das jeweilige Filialteam muss mit im Boot sein, um das Pilotprojekt erfolgreich zu gestalten.

Quellensicherung als Lösung

Eine besondere Lösung für EAS im Einzelhandel ist die Quellensicherung, eine Art Kooperation von Einzelhändlern und Herstellern. Dabei werden Produkte bereits an der Quelle gekennzeichnet, bevor sie in den Laden gelangen. Diese Lösung wird immer populärer, denn sie bietet diverse Pluspunkte. Das Ladenpersonal muss die Produkte nicht mehr selbst kennzeichnen und kann sich auf das Kerngeschäft konzentrieren.

Die Etiketten können systematisch auf jedem einzelnen Artikel an der exakt gleichen Stelle angebracht werden – wo sie keine Informationen verdecken oder die Markenwirkung schmälern. Und der Artikelschutz ist umfassender: Quellensicherung bedeutet, dass die Produkte von der Quelle bis zum Geschäft geschützt sind und nicht erst am Verkaufsstandort. Wenn die Quellensicherung mit RFID erfolgt, kann dies eine Produktverfolgung über die gesamte Lieferkette hinweg ermöglichen, was die Anzahl der verlorenen Artikel reduziert, Prozesse rationalisiert und eine bessere Verfügbarkeit im Regal am Ende der Kette ermöglicht. Auch die Abzweigung von Produkten in den sogenannten Grauen Markt, der für große wirtschaftliche Verluste verantwortlich ist, und die Verbreitung von Fälschungen werden auf diese Weise erschwert.

Resümee

EAS-Lösungen, speziell auf RF-Basis, sind eine wirkungsvolle Maßnahme zur Diebstahlprävention und gleichzeitig eine Gelegenheit, Waren offen zu präsentieren und den Abverkauf zu fördern. Sie entwickeln sich mit dem technischen Fortschritt weiter und erlauben Einzelhändlern Schritt zu halten und Sicherheitsmaßnahmen immer mehr und leichter in den Arbeitsalltag zu integrieren.

Aber sie sind nicht der einzig gangbare Weg. „Eine Komplettlösung zur Diebstahlprävention sollte nach unserer Erfahrung immer alle drei Methoden – EAS, Kameraüberwachung und Sicherheitspersonal – beinhalten“, rät Hans-Jürgen Nausch von Checkpoint Systems. „Wenn diese drei Schutzmethoden parallel eingesetzt werden, können sie Einzelhändlern in Summe bedeutende Vorteile bieten. Aber auch die beste Kombination wird nicht alle Kriminelle abschrecken. Ziel ist es, ein Schutzniveau zu etablieren, dass die meisten Diebe abschreckt und die Diebstahlrate senkt – abgestimmt auf das individuelle Risikoprofil des betreffenden Geschäfts oder Standorts.“