Self-Checkout & Co: Die Chamäleon-Kasse

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Das Kassieren ist im Einzelhandel einer der wesentlichen Vorgänge: Der Warenausgang muss richtig verbucht, der Bezahlvorgang korrekt abgewickelt werden. Doch nicht nur aus Händlersicht ist der Kassiervorgang elementar, Kunden kommen mit bestimmten Erwartungen zum Einkaufen: Der eine möchte persönlich abkassiert werden, der andere seine Waren schnell selbst scannen.

Im Idealfall bieten Einzelhändler deshalb verschiedene Kassentypen an: Stationär, Self-Checkout oder mobile Kasse. Damit daraus für ihre Warenwirtschaft keine Medienbrüche entstehen, ist ein smartes Kassensystem notwendig.

Die Einkaufsszenarien im Einzelhandel sind mannigfaltig, ebenso die Anforderungen, mit denen Kunden in den Laden kommen. Für Kunden macht es einen Unterschied, ob sie zu Stoßzeiten ihren Wocheneinkauf erledigen müssen oder bei einem Juwelier nach einem Geschenk für den Partner suchen. In dem einen Fall möchten sie das Notwendige möglichst schnell und unkompliziert hinter sich bringen, in dem anderen bringen sie Zeit mit und erwarten eine persönliche Beratung durch den Verkäufer. Doch selbst im klassischen Supermarkt sind die Wünsche der Kunden je nach Situation verschieden: Der genannte Wocheneinkauf ist mit Stress verbunden, der Kunde hat es eilig. Kommt derselbe Kunde aber in einen leeren Laden und braucht nur ein paar Teile, möchte er vielleicht ein Schwätzchen an der Kasse halten.

Persönliches Kassieren, Self-Checkout oder mobile Kasse

Je nach Situation stellen Kunden andere Erwartungen an den Kassiervorgang, wünschen sich mal eine mit Personal besetzte Kasse, mal die Möglichkeit zum Self-Checkout, bei dem sie die Waren an einem Paytower selbst einscannen und auch den Bezahlvorgang selbst einleiten – bar oder elektronisch. Die klassische Variante mit Kassierer ist Standard, der Self-Checkout findet aber auch immer mehr Verbreitung – Vorreiter sind beispielsweise Baumärkte, gewisse Möbelhäuser und Sportausrüster. Neben diesen beiden Formen gibt es noch eine dritte Variante, sogenannte Queue-Braker-Kassen zum mobilen Kassieren: Bilden sich an den Kassen lange Schlangen, kann ein Mitarbeiter mit einer mobilen Kasse ausrücken und schonmal die Kunden in der Schlange abkassieren, die nur wenige Teile haben.

Die Schwierigkeit für Einzelhändler, die verschiedenen Kassentypen anzubieten, besteht darin, die Systeme dahinter miteinander zu verknüpfen. Denn die Warenwirtschaft und das ERP-System, die mit dem Kassensystem eng verbunden sind, müssen reibungslos funktionieren und von jeder Kasse die richtigen Informationen erhalten. Stecken hinter der stationären Kasse, dem Self-Checkout und der mobilen Kasse jeweils separate Systeme, sind viele Schnittstellen nötig und es entstehen Medienbrüche – aus Sicht des Einzelhändlers alles andere als vorteilhaft.

Eine smarte Lösung für alle Kassentypen

Nutzen Einzelhändler ein smartes System für alle Kassentypen, können sie flexibel auf die verschiedenen Kundenansprüche reagieren – ohne dabei die Funktionsweise des angeschlossenen ERP-Systems und der Warenwirtschaft zu gefährden. Je nach Situation können Einzelhändler Kassen in anderem Stil anbieten. Damit werden sie nicht nur den verschiedenen Kundenansprüchen gerecht, sondern können ihr Personal je nach Bedarf einsetzen – an einer leeren Kasse muss dann kein Verkäufer sitzen. Neben der mit Personal besetzten Kasse gibt es dann einen stationären Paytower für den Self-Checkout; oder die Kasse mit Fließband wird zu den Randzeiten schnell zu einem Self-Checkout umgewandelt; oder das Kassensystem ist auf mobilen Endgeräten verfügbar, mit denen Mitarbeiter bei Bedarf mobil abkassieren können.

Die Kasse wird durch diese Einsatzmöglichkeiten quasi zum Chamäleon, das sich an unterschiedliche Situationen anpassen kann. Auch verschiedene Bezahlvorgänge kann ein solch smartes System abbilden: Cash-Management-Automaten, an denen Kunden Bargeld einwerfen sind ebenso möglich wie das elektronische Bezahlen mit Smartphone, Kredit-, EC- oder Gutscheinkarte. Auch Waagen, zum Abwiegen von Obst und Gemüse, können sowohl an der persönlich besetzten Kasse als auch für den Self-Checkout eingerichtet werden. Ebenso lassen sich Leergutautomaten anbinden, sodass Kunden ihre Pfandflaschen selbsttätig zurückbringen können und an der Kasse nur noch einen Pfandzettel abgeben beziehungsweise selbst einscannen.

Im typischen Supermarkt finden sich vermehrt alle drei Kassenvarianten nebeneinander – und das wird auch in naher Zukunft wohl der Trend bleiben. Denn je nach Kunde oder Situation bietet sich der Self-Checkout als alleinige Lösung nicht an: Ist der Einkaufswagen bis oben hin voll, ist es auch für Kunden bequemer, die Waren vom Verkäufer einscannen zu lassen, als bei jedem Artikel selbst den Barcode zu suchen. Aber auf Self-Checkout-Terminals wird vermehrt zurückgegriffen. Ältere Käufer können hier ohne Druck der wartenden Schlange im eigenen Tempo bezahlen, jüngere Generationen bevorzugen oftmals Self-Checkout, weil es für sie schneller geht. Festlegen auf einen Kassentyp wollen sich viele Einzelhändler aber nicht – und müssen es mit einem smarten Kassensystem auch gar nicht.

Self-Checkout mit Paytower oder Smartphone

Der Self-Checkout lässt sich aber nicht nur mit einem stationären Paytower umsetzen. Möglich ist auch, dass Kunden die Ware mit ihrem eigenen Smartphone direkt einscannen, wenn sie sie aus dem Regal nehmen. Alle Waren werden summiert, der Einkauf lässt sich zum Schluss in der entsprechenden App abschließen. Für viele Kunden ist das nochmal einfacher, als die eingesammelten Waren am Paytower wieder auszupacken und dann einscannen zu müssen. Nachteil dieser Variante kann aber sein, dass Kunden für den Laden um die Ecke, für den Supermarkt, bei dem sie ihren Wocheneinkauf erledigen, für den Baumarkt, für Bekleidungsgeschäfte und so weiter eine eigene App installieren müssen. Doch möchten Kunden zumindest in einer Auswahl an Läden so einkaufen, ist es technisch jedenfalls möglich.

Grundsätzlich erschwert Self-Checkout die Verhinderung von Diebstahl. Zusätzliche Möglichkeiten zum Tricksen sind gegeben; ob Kunden tatsächlich jeden Artikel sorgfältig einscannen, ist für den Mitarbeiter, der die Aufsicht über mehrere Self-Checkout-Kassen führt, nicht immer nachvollziehbar. Viele Einzelhändler, die den Self-Checkout bereits anbieten, vertrauen ihren Kunden. Denkbar ist aber auch, eine videobasierte (KI-)Software einzusetzen, die unter Einhaltung der Persönlichkeitsrechte die Bewegungen der Kunden filmt und erkennt, ob sie korrekt einscannen.

Auch der Blick in die Zukunft zeigt den verstärkten Einsatz moderner Technologien. Bereits heute gibt es einzelne Tiny Stores, in denen überhaupt kein Personal mehr vorhanden ist. Kunden authentifizieren sich beim Eintritt in den Laden per App – denn wer im Laden ist muss aus Sicherheitsgründen immer bekannt sein. Der Kunde nimmt die Waren, die er braucht, aus dem Regal, Sensoren erkennen automatisch, welche Ware entnommen wurde und erstellen im Hintergrund einen Kassenbon. Mit Austritt aus dem Laden wird der Einkauf abgeschlossen und der Bezahlvorgang eingeleitet – Bezahlmethoden sind in der App hinterlegt, ebenso unter anderem auch das Alter des Kunden, um die Abgabe von Alkohol oder Tabak zu regeln. Eine solch vollständige Automatisierung bietet aber auch Fallstricke: zum einen muss der Datenschutz gewährleistet sein, zum anderen kann auf Mitarbeiter im Grunde nicht gänzlich verzichtet werden: Mitarbeiter müssen mal aufwischen, wenn ein Glas mit Sauce herunterfällt oder auch Waren, die Kunden falsch ins Regal zurückgestellt haben, aufräumen.

Fazit

Technisch ist der Self-Checkout in jeder Form des Einzelhandels möglich, je nach Situation und gewünschtem Einkaufserlebnis aber nicht immer sinnvoll. Die persönlich besetzte Kasse wird daher Bestandteil in den Läden bleiben. Vor allem aber da, wo sich Kundenmassen bewegen, sind hybride Kassen gefragt: Kunden können am Self-Checkout oder an der mobilen Kasse schnell ihren Einkauf abschließen, ohne lange in der Schlange stehen zu müssen. Zu Randzeiten wiederum haben Einzelhändler den Vorteil, kein Personal an der stationären Kasse binden zu müssen. Bedingung für eine reibungslos funktionierende Warenwirtschaft ist aber ein nahtlos integriertes Kassensystem, das alle Abverkäufe sofort meldet und damit den Nachschub anstößt.

Autor: Karl-Heinz Andiel, Vertrieb und Organisation DRS