Packstation oder Hausanschrift? Wie eine nachhaltige Paketzustellung gelingt

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Wer denkt, dass Händler nach dem Weihnachtsgeschäft die anstrengendste Zeit hinter sich haben, der irrt sich: Im Januar machen laut Statistischem Bundesamt Einzelhandelsunternehmen mit Abstand ihren höchsten Umsatz pro Jahr. 

Im stationären Einzelhandel locken Sales und weitere Rabattaktionen viel Kundschaft in die Geschäfte.  Die Art der bevorzugten Einkaufsmethode ist laut der Klarna-Studie Shopping Pulse eine Frage des Alters: Spitzenreiter beim Onlineshopping ist die GenZ, die mit 64 Prozent mindestens einmal pro Woche online bestellt.

Vor allem im urbanen Raum werden jedoch Pack- bzw. Abholstationen zunehmend beliebter. Ob freistehend an zentralen Orten oder integriert in Handelsfilialen ermöglichen sie der Kundschaft einen einfachen Zugang zu vorher online bestellter Ware. Darüber hinaus stellt die Lieferung an Packstationen eine Zustellung im ersten Anlauf sicher, sodass Onlineshopper ihren Paketen nicht mehr zur nächsten Poststelle hinterherrennen müssen.

Aber auch für Lieferanten beschleunigen die Stationen so manche Zustellroutinen, da eine aufwendige Klingelsuche, das ewige Treppensteigen, Mehrfachanfahrten oder falsch angegebene Lieferadressen entfallen. Für diese beiden Akteure ist eine Lieferung an Packstationen also eine praktikable Alternative, doch wie vorteilhaft ist dieser Trend für Handelsunternehmen?

Adressdaten gehören zu den wertvollsten Kundenstammdaten

Für den Einzelhandel ist es vorteilhaft, Packstationen in die lokalen Ladengeschäfte zu integrieren. Dadurch können sie auch die überzeugten Online-Shopper in den Laden locken. Zusätzlich stärkt der Einsatz von Packstationen Cross-Selling-Potenziale in den Filialen, denn wenn die Abholenden schon einmal vor Ort sind, schauen sie sich des Öfteren weiter um und entdecken noch mehr, was sie gerne mitnehmen möchten.

Ein wesentlicher Vorteil der Stationen liegt vor allem in den zusätzlichen Daten, die mit ihrer Verwendung entstehen: Während die Rechnungsanschrift in der Regel die Wohnadresse beinhaltet, braucht es für die Abholung die Anschrift der Packstation. Es entsteht ein vollständigerer Datensatz, der nicht nur verrät, wo der Kunde wohnt, sondern in welchem Umkreis dieser einkauft. Es gibt also eine weitere Adresse zu einer Person, was in diesem Fall eine gewollte und vorteilhafte Ergänzung ist.

Das deckt sich mit den Bedürfnissen der Händler, denn immerhin schätzen laut einer Uniserv Studie von 2021 knapp 83 Prozent der Befragten aus Handel und Logistik die Bedeutung der postalischen Adressdaten als „wichtig“ oder „sehr wichtig“ ein. 15 Prozent der Branchenvertreter sehen Adressdaten als ein geeignetes Mittel, um weitere digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Daten der Packstations-Adressen vervollständigen dazu die 360-Grad-Sicht auf den Kunden und helfen so, die Customer Journey besser zu verstehen und individuelle Angebote zu entwickeln.

Wie kann es nachhaltiger gehen?

Die Einführung von Packstationen ist also sowohl für Kunden und Lieferanten als auch für Handelsunternehmen vorteilhaft. Doch lässt sich eine Aussage darüber treffen, ob die Zustellung an eine Packstation auch nachhaltiger ist als die herkömmliche Lieferung an die private Hausanschrift? Schließlich gelten für Handels- und Logistikunternehmen immer mehr CSR (Corporate Social Responsibility)-Richtlinien wie die „Non-Financial Reporting Directive“ (NFRD) der EU, die Berichtspflichten über nachhaltigkeitsbezogene Aktivitäten großer Unternehmen enthält.

Laut einer Untersuchung von Sesam  von 2019 kann die Lieferung an Abholstationen im Vergleich zur Zustellung an die Haustür 50 Prozent CO2 einsparen – und das selbst gegenüber einer erfolgreichen Erstzustellung an die private Adresse. Einige Jahre zuvor kam auch die Universität Bamberg in einer Studie zu einem ähnlichen Ergebnis und das, obwohl die zurückgelegten Strecken bei Lieferungen an Abholstationen im Durchschnitt länger sind als die zu privaten Anschriften. Doch anlässlich der wachsenden Paketmengen werden über viele Jahre mehr Lösungen nötig sein, um der Paketflut auf nachhaltige Weise Herr zu werden.

Effiziente Routenplanung durch Datenmanagement

Eine dieser weiteren Maßnahmen könnte eine effiziente Routenplanung sein. Diese sieht vor, dass Fahrten der Zustellerteams vorausschauend koordiniert werden, wofür allerdings ein solides Adressdaten-Management notwendig ist. Denn die Adressdaten der Lieferungen, die der Routenplanung und damit der Fahrroute zugrunde liegen, bergen häufig ganz eigene Herausforderungen: Mal liegt der Hauseingang mit Klingel fernab der Straße, ein andermal haben zwei nebeneinander liegende Häuser in derselben Straße unterschiedliche Postleitzahlen. Die Folgen sind zusätzliche Wege, lange Suchen und Retouren an die Poststation. Oder unterschiedliche Zusteller liefern praktisch an den gleichen Ort mit nebeneinanderliegender Postleitzahl, der bei datenbasierter Planung auch von einer Person angesteuert werden könnte.

Für etwas Linderung und Ressourcenschonung sorgen hier zwei Maßnahmen: Zum einen sind gut gepflegte, aktuelle Kundendatenbanken wichtig, um Chaos in der Zustellung zu vermeiden. Idealerweise enthalten diese nicht nur postalische Adressen, sondern zusätzliche Geodaten, wie zum Beispiel What3Words oder Point. Sie erleichtern das Auffinden von Gebäuden und Hauseingängen, beispielsweise auf einem Firmengelände. Zum anderen helfen zusätzlich Autovervollständigungen in Datenmanagement-Tools bereits beim Erfassen der Kundenadressdaten, da diese Tippfehler vermeiden können. Eine Adressvalidierung kann zudem die Angabe der korrekten Adresse überprüfen.

Sind diese Gegebenheiten erfüllt, ist eine gute Basis für effizientere, ressourcenschonende Zustellfahrten gelegt. Werden dann auch noch Null-Emissions-Fahrzeuge eingesetzt, ist ein weiterer Schritt in Richtung einer umweltfreundlichen Paketzustellung getan. Hinzu kommt der positive Nebeneffekt, dass mehrere Sendungen gesammelt von einem Fahrzeug zur Packstation gebracht werden können.

Gemeinsame Datenbasis schaffen: Online- und Offline-Handel miteinander vernetzen

Durch eine erfolgreiche Vernetzung von Online- und Offlinehandel ist es den Kunden möglich, eine für sie – wortwörtlich – naheliegende Wahl zu treffen. Dafür bedarf es allerdings auch einer zentralen, ganzheitlichen Datenhaltung, die alle wesentlichen Kundeninformationen zusammenführt. Unterschiedliche Zustelloptionen sollten dabei ergänzende Informationen darstellen und die Vorlieben der Kunden sichtbarer machen. Denn nachhaltige Produkte und Leistungen sowie klimaschonender Konsum waren noch nie so gefragt waren wie heute. Wer nachhaltige Absatzwege anbietet, zahlt auf das grüne Gewissen ein. So lassen sich nicht nur neue Kundenbeziehungen aufbauen, sondern auch manch ein Geschäftsprozess optimieren.

Autor: Andre Brandt ist Senior Account Manager bei Uniserv und Branchenexperte für den Handel. Er hat über 15 Jahre Erfahrung in der IT- und Softwarebranche und begleitet für Uniserv Handelsunternehmen in die digitale Welt, mit besonderem Augenmerk auf der Verbindung von online und offline. Uniserv ist Experte für Kundenstammdaten.