Schneller Finanzierungszugang für KMU fehlt

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Kleinunternehmen und Selbstständige in Deutschland befinden sich in Finanzierungsfragen im Zwiespalt: Für rund sechs von zehn (59 Prozent) ist die Hausbank der erste Anlaufpunkt, wenn es darum geht, sich im beruflichen Kontext über einen Kredit zu informieren – das sind elf Prozent mehr als noch vor der Pandemie. Gleichzeitig sind jedoch gerade einmal 28 Prozent der Meinung, ihre Kreditbedürfnisse würden nach wie vor am besten von einer klassischen Bank abgedeckt – kaum mehr als noch in 2019 (25 Prozent). Insbesondere den Bedarf an schneller und unkomplizierter Finanzierung können die Banken offenbar nicht decken: 20 Prozent der Kleinunternehmen sind überzeugt, sie hätten deutlich besser wirtschaften können, wenn sie in den letzten zwölf Monaten schneller und einfacher auf Kredite oder Darlehen hätten zugreifen können. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Umfrage des auf kleine Unternehmen spezialisierten Kreditanbieters iwoca in Zusammenarbeit mit YouGov unter 514 Kleinunternehmern und Selbstständigen in Deutschland.

Die Probleme sitzen tief: Corona-Hilfen decken generellen Finanzierungsbedarf nicht ab

Trotz verschiedener staatlicher Maßnahmen mit dem Ziel, den Zugang zu dringend benötigten Finanzmitteln für kleine Unternehmen während der Pandemie zu vereinfachen, sind mit 19 Prozent nur unwesentlich weniger Befragte als noch 2019 (23 Prozent) der Auffassung, dass es immer schwieriger wird, einen Geschäftskredit von einer klassischen Bank zu bekommen.

Auch stimmt nach wie vor rund ein Viertel der Aussage zu, dass die Politik eingreifen sollte, um bessere Finanzierungsbedingungen für kleine Unternehmen und Selbstständige zu schaffen. Rund drei von zehn Befragten (27 Prozent) hatten seit Beginn der Pandemie zu mindestens einem Zeitpunkt sogar Angst, ihr Unternehmen aufgeben zu müssen. Besonders betroffen waren davon Unternehmen aus den Branchen Tourismus und Gastgewerbe (50 Prozent) sowie Groß- und Einzelhandel (33 Prozent). Zwar haben 22 Prozent aller Befragten eine oder mehrere der Überbrückungshilfen des Bundes in Anspruch genommen. Doch das deckt nicht den Grundbedarf an Kapital ab, damit Kleinunternehmen nicht nur überleben, sondern auch wachsen können.

So haben 15 Prozent in den letzten zwölf Monaten ganz konkret Aufträge oder Projekte nicht angenommen, weil ihnen hierzu kurzfristig die Mittel zur Finanzierung gefehlt haben. Vor allem kleinere Aufträge im Gesamtwert von unter 10.000€ (35 Prozent) und zwischen 10.000€ und 50.000€ (22 Prozent) wurden aufgrund fehlender Liquidität abgelehnt. 2019 noch lehnten insgesamt nur 28 Prozent Projekte dieser Größenordnungen ab. Selbst mit Investitionen in Tools und Maßnahmen, die für den Geschäftserfolg während der Pandemie entscheidend waren, waren Kleinunternehmen und Selbstständige zurückhaltend.

Nur 8 Prozent haben digitalen Kundenservice wie E-Mail, Chat, Messaging oder Telefon, 7 Prozent Online-Tools zur internen Zusammenarbeit und nur 3 Prozent einen Online-Shop eingeführt. Diejenigen die investiert haben, haben dafür zum überwiegenden Teil auf Eigenkapital zurückgegriffen (82 Prozent) und nur 8 Prozent haben Fremdkapital genutzt, das sie eigens zu diesem Zweck aufgenommen haben. Unternehmen mit höheren Umsätzen waren dabei im Vorteil. Sie haben häufiger investiert und dafür zu einem wesentlich höheren Anteil als umsatzschwächere Unternehmen Fremdkapital genutzt.

Wie entscheidend schneller und unkomplizierter Zugang zu Kapital für das Geschäftswachstum ist, weiß auch iwoca-Kunde Stefan Lücking, Geschäftsführer von Lücking-Cao und Betreiber eines KFZ-Teilehandels auf eBay: “Werkzeuge sind richtig teuer. So eine Bestellung kann schon einmal 80.000 € kosten. 30 Prozent müssen wir sofort anzahlen und der Rest ist fällig, wenn der Container in Rotterdam am Hafen ankommt. Planen kann man sowas in unserem Geschäft nie lange im Voraus. Kein Zulieferer in unserem Bereich hat Teile vorrätig auf Lager. Wenn du also den Anruf kriegst, dass du wieder an neue Ware kommen kannst, musst du direkt ‘Ja’ oder ‘Nein’ sagen. Mit iwoca im Rücken konnten wir auch 2020 wachsen und wachsen kräftig weiter.”

Selbstständig, weiblich, sucht Kredit: Unternehmerinnen wenden sich von Hausbank ab

Auch der Blick auf das Geschlecht der Befragten offenbart einige Unterschiede in Bezug auf den Zugang zu Krediten: Unter Frauen ist die Skepsis gegenüber Banken noch einmal wesentlich höher als unter Männern. Nur rund zwei von zehn Unternehmerinnen (21 Prozent) sehen ihre geschäftlichen Kreditbedürfnisse von klassischen Banken rundum abgedeckt, bei den Unternehmern ist es ein Drittel.

Dementsprechend höher ist das Bedürfnis unter weiblichen Selbstständigen, sich umfassender über alternative Angebote zu informieren. Für 26 Prozent von ihnen zählt eine allgemeine Internetrecherche zu den Top 3-Anlaufpunkten, um sich über Geschäftskredite zu informieren. Bei den Männern sind es nur 18 Prozent. Sie setzen mit 24 Prozent gegenüber 21 Prozent der Frauen eher auf spezielle Vergleichsportale im Internet, die ihnen eine gewisse Vorauswahl bieten. Die persönliche, individuelle Beratung wird für 14 Prozent umso wichtiger, je mehr digitale Anbieter von Finanzprodukten es gibt. Dennoch haben nur wenige der Befragten andere Anlaufstellen als attraktive Alternative auf dem Radar: 9 Prozent würden sich in Kreditfragen zunächst an Finanz- und Unternehmensberater wenden und nur 2 Prozent an Versicherungsmakler.

„In der Corona-Pandemie haben Kleinunternehmen und Selbstständige, so wie viele Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt, Zuflucht im Altbekannten, Vertrauten und vermeintlich Sicheren gesucht: in ihren Hausbanken. Dazu haben auch die staatlichen Subventionen die Unternehmen wieder stärker zurück in die Arme der Banken getrieben. Die mühevolle Aufklärungsarbeit und gewachsene Angebotsvielfalt vieler alternativer, digitaler Finanzierungsanbieter in den Jahren zuvor ist damit wieder ein Stück in den Hintergrund gerückt.“, kommentiert Christoph Rieche, CEO und Mitgründer von iwoca, die Ergebnisse.

* Die verwendeten Daten beruhen auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland, an der 514 Personen zwischen dem 27.10. und 04.11.2021 teilnahmen. Die Befragten sind Inhaber / Entscheidungsträger*innen in Kleinstunternehmen bis zu 9 Mitarbeiter. Die für den Vergleich zu vor der Pandemie verwendeten Daten beruhen ebenfalls auf einer Online-Umfrage der YouGov Deutschland GmbH, an der 511 Inhaber / Entscheidungsträger in Kleinstunternehmen bis zu 9 Mitarbeiter zwischen dem 29.05. und 03.06.2019 teilnahmen.