Die Anzahl der Betrugsfälle im E-Commerce nimmt zu – im Zuge der Corona-Krise stieg sie sogar überproportional, wie unter anderem die Wirtschaftsauskunftei CRIF in ihrer Studie „Betrug im E-Commerce 2021“ belegt (Quelle). Eine häufige Variante dabei: Identitätsbetrug. Wie können E-Commerce-Unternehmer also in einer anonymen Internet-Welt erkennen, mit wem sie es tatsächlich zu tun haben? Indem sie einen KYC-Prozess (Know-Your-Customer-Prozess) implementieren. Dieser muss natürlich sicher, jedoch auch nutzerfreundlich sein, um Online-Händlern einen nachhaltigen Mehrwert zu bescheren.
Schäden in Milliardenhöhe
Eine Studie des IFH Köln der Schufa Holding aus dem Jahr 2020 (Quelle) zeigt, dass bereits 90 Prozent aller deutschen E-Commerce-Händler mit Betrug konfrontiert waren. Durchschnittlich drei Prozent aller Bestellungen sind laut der Studienteilnehmer Betrugsfälle. Der damit einhergehende Umsatzverlust liegt laut der Expertenschätzung bei zwei Prozent. Kumuliert ergibt dies einen jährlichen Schaden von etwa 1,4 Milliarden Euro.
Die Studie macht auch deutlich, dass die schwerwiegendste Problematik für Online-Händler der Identitätsbetrug ist. Die Tricks der Betrüger sind dabei vielfältig. Nicht besonders ausgeklügelt ist die Änderung der Hausnummer in der Bestellung. Der Paketbote legt die Lieferung dennoch am bekannten Ort ab, der Käufer verweigert jedoch die Zahlung mit dem Hinweis, das Paket nicht erhalten zu haben. Auch die betrügerische Nutzung fremder Identitäten ist immer wieder zu beobachten. Häufig geschieht dies beispielsweise in größeren Mietshäusern, indem Klingelschilder kurzzeitig überklebt werden, um Zusteller abzufangen.
Es existieren mehrere Tätergruppen, die Online-Händler durch Identitätsbetrug schädigen. Zunächst sind dies Einzelpersonen, die Methoden wie die oben skizzierten nutzen. Weiterhin gibt es Kleinkriminelle bis hin zu organisierten kriminellen Vereinigungen, die falsche Identitäten aus Internet-Plattformen oder via Phishing beziehen. Sie verschaffen sich Zugang zu fremden Benutzerkonten, um darüber zu bestellen.
Mit E-KYC das Risiko senken
Angesichts der Schäden in Milliardenhöhe sollten Online-Händler die Betrugsrisiken unbedingt reduzieren. Der Verzicht auf risikobehaftete Zahlungsoptionen wie beispielsweise den Kauf auf Rechnung, ist jedoch nicht der ideale Weg. Wenn potentielle Kunden bestimmte Optionen präferieren, achten sie bei ihrem Online-Einkauf auch verstärkt darauf, diese nutzen zu können. Verzichten Anbieter auf manche Zahlungsoptionen, da sie sie mit einem höheren Risiko verbinden, riskieren sie damit wiederum Kaufabbrüche. Ebenso sind klassische Bonitätsprüfungen, die auf statischen Regeln basieren, kaum noch geeignet. Für einen nachhaltigen Mehrwert für die eigene Sicherheit und das Kundenerlebnis sollten E-Commerce-Unternehmer vielmehr einen KYC-Prozess einführen.
Bei Know-Your-Customer-Prozessen liegt die Kunst darin, einerseits ein Sicherheitslevel zu erreichen, welches das Unternehmen so gut wie möglich vor Betrug schützt. Zum anderen ist das klare Ziel, Kaufabbrüche zu vermeiden und eine maximale Konversion zu sichern. Langwierige und umständliche manuelle Prüfungen scheiden somit aus.
Die Lösung ist ein schlankes Online-Verfahren. Konkret kann dies beispielsweise wie folgt aussehen: Im Zuge des Checkout-Workflows gibt der Nutzer zunächst seine Daten ein. Vor dem Abschluss des Bestellvorgangs wird nun ein kleiner Zwischenschritt eingefügt – eine automatisierte Prüfung, ob die angegebenen Informationen mit der tatsächlichen Identität übereinstimmen. Dazu kann mithilfe von künstlicher Intelligenz eine Überprüfung der Ausweisdokumente durchgeführt werden. Der Nutzer macht dazu einfach Fotos seines Ausweisdokuments und seines Gesichts. Den Abgleich – und somit die Überprüfung der Authentizität – übernimmt die KI in Sekundenschnelle. Der gesamte Vorgang ist dabei direkt im Prozess integriert. Für noch mehr Sicherheit lassen sich ein Abgleich von biometrischen Merkmalen und eine Lebendprüfung integrieren. Erkennt die KI ein „besonders hohes“ Risiko, sollten stets optional noch genauere Methoden, wie das Geldwäschegesetz-konforme Videoident-Verfahren, automatisiert zur Verfügung stehen und in die KYC-Prüfung integriert sein.
Fazit: Betrugsfälle mit geringem Einsatz minimierbar
Wer sind meine Kunden? Mit der zweifelsfreien Beantwortung dieser Frage schützen sich Online-Händler vor erheblichen finanziellen Schäden. Damit der Aufwand hierbei in einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Nutzen steht und keine Umsatzeinbußen durch Kaufabbrüche entstehen, sind jedoch moderne, digitale Lösungen erforderlich. E-KYC ist ein Ansatz, der diese Anforderungen vollständig erfüllt. Insofern sollte sich die Thematik auf der Agenda aller E-Commerce-Unternehmer befinden.