Dos and Dont‘s im E-Commerce – die 11 häufigsten Fehler

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Die Handelsbranche steht unter Druck: Branchen müssen Online-Shops aufbauen und stationäre Geschäfte vor Ort digital aufrüsten. Online und offline verschmelzen zunehmend, traditionsreiche Filialisten suchen den Weg ins Internet. Aus gutem Grund, denn der E-Commerce boomt. Mit einem Plus von fast 15 Prozent wuchs der Onlinehandel in Deutschland dieses Jahr erneut zweistellig und bricht mit über 80 Milliarden einen neuen Rekord. Corona trug zur Beschleunigung bei: Der E-Commerce wurde wichtigster Wachstumsmotor für den stationären Handel.

Doch Händler unterschätzen oft, wie komplex E-Commerce-Projekte sind. Der E-Commerce-Spezialist Artur Wagner, Head of Key Accounts bei der E-Commerce-Digital-Agentur Y1 Digital AG, geht im Beitrag auf die häufigsten Fehler ein, die in solchen Projekten passieren können. Die wichtigste Erkenntnis vorab: Der Onlineshop ist kein reines IT-Projekt. Das Marketing hat als Teil eines umfassenden Teams die Aufgabe, das Projekt zu steuern und sicher zu stellen, dass der Kunde und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt der Planung und Umsetzung stehen müssen.

Wer folgende Fallstricke vermeidet, dem gelingt es einfacher, das eigene E-Commerce-Projekt erfolgreich umzusetzen und im Markt zu festigen.

  1. Dem Webshop fehlt ein konkretes Ziel

Vor jedem Was steht ein Warum: der Händler und die Händlerin müssen die zentrale Frage nach dem Wozu des Onlineshops stellen und beantworten, bevor sie sich Gedanken machen über Funktionen und technische Spezifikationen. Was möchte ich mit dem Onlineshop erreichen? Sollen neue Zielgruppen angesprochen werden? Ist das wichtigste Ziel den Umsatz zu steigern? Oder geht es vor allem darum, die Marke bekannter zu machen? Erst wenn wir wissen, was wir erreichen wollen, können wir bestimmen, wie der Onlineshop aussehen und welche Inhalte und Funktionen dieser haben soll.

  1. Zielgruppen sind zu wenig bekannt

Ein weiterer Fehler, der uns bei E-Commerce-Projekten auffällt: Marketer und Shop-Verantwortliche vertrauen auf ihr Bauchgefühl, statt Daten zu nutzen. Denn erst mit empirisch fundierten Daten wie Webseitenstatistiken und Umfragen können wir tatsächliche und potenzielle Zielgruppen identifizieren und ihnen ein passendes Angebot im Onlineshop unterbreiten. Marketingmanager und Shop-Betreiber sollten mit den Buyer Persona beginnen und darüber Bedürfnisse, Wünsche und Erwartungen der Zielgruppen segmentieren. Erst dann wird der Onlineshop konzipiert und gestaltet.

  1. Funktionen werden falsch priorisiert

Das Wichtigste zuerst! Ein gelungener Onlineshop basiert auf einen nahtlosen Kassen- und Warenkorbprozess. Wer statt eines richtigen Warenkorbs alle Energie in eine ausgefallene Augmented Reality Anwendung investiert, hat die Prioritäten falsch gesetzt. Es gilt die Devise: Ein Schritt nach dem anderen. Das ist besonders zu beachten bei Plattformen, die nicht regelmäßig überholt werden und daher an neuen technischen Anforderungen angepasst werden müssen.

  1. Es wird zu wenig getestet und optimiert

Viele Shop-Betreiber begehen einen häufigen Fehler: sobald sie mit ihrem Onlineshop erfolgreich gestartet sind, denken sie nicht mehr daran, ihn permanent zu optimieren, Fehlerquellen auszumerzen und mithilfe von A/B-Tests zu prüfen, welche Varianten und Formate am besten funktionieren und von den Nutzern angenommen werden. Ich empfehle alle drei bis vier Jahre den Onlineshop zu relaunchen und die technische Basis zu prüfen. Tools sollten hinterfragt und möglicherweise ausgetauscht werden.

  1. Technologie wird falsch gewählt

Wer ein E-Commerce-Projekt umsetzen möchte, hat die Qual der Wahl: er kann selbst programmieren, bestehende Komplettlösungen wählen oder Anwendungen von Drittanbietern integrieren. Unsere Projekte und Erfahrungen zeigen, dass es günstiger und zeitsparender ist, Drittanbieter einzubinden und sich das bei den meisten Projekten empfiehlt.

Wenn das E-Commerce-Projekt technisch implementiert wird, kommen zwei Ansätze bei der Softwareauswahl in Frage: „Best of Breed“ versus „All in One“. Wir empfehlen „Best of Breed“, also verschiedene Softwarelösungen wie das Content-Management-System und die Produktdatenbank modular zu integrieren – statt eine Software für alles zu beschaffen („All in One“). Mit „Best of Breed“ lässt sich der Online-Shop flexibler gestalten, sodass der Handel den unterschiedlichen Kundenbedürfnissen besser entspricht und fit für die Zukunft ist.

  1. Interne Ressourcen und Verantwortlichkeiten falsch planen

Dieser Fehler wird in der frühen Phase des Projektes oft gemacht, wenn die Verantwortung für den Onlineshop nur in der IT verortet wird. Denn der Webshop ist kein IT-Projekt! Hier liegt der Ball bei einem dedizierten Shop-Team, das den Onlineshop global verantworten sollte. Selbstverständlich muss die IT frühzeitig eingebunden werden, um das Projekt erfolgreich umzusetzen.

  1. Es wird weniger konzipiert und mehr auf den Code geachtet

Es besteht kein Zweifel: Ein Onlineshop muss sauber programmiert sein. Aber viel wichtiger ist, sich vorher Gedanken zu machen und genug Herzblut, Zeit und Know-how in die Konzeption zu stecken. In dieser Phase werden die Nutzer- und Unternehmensbedürfnisse gegeneinander abgewogen. Das ist mit am wichtigsten für einen erfolgreichen Shop-Launch. Erst danach sollte es an die technische Umsetzung und die Programmierung gehen.

  1. Prozesse und das eigenen Businessmodells werden zu selten hinterfragt

Mit dem Wissen wächst der Zweifel, das wusste schon Goethe. Wer seine E-Commerce-Strategie nicht laufend prüft und hinterfragt, begeht einen vermeidbaren Fehler. Ich empfehle jedem, der einen Onlineshop plant und betreibt, sich folgende Fragen zu stellen:

Können bestimmte Kategorien im Onlineshop befüllt werden? Gibt es genügend Content, um den Shop attraktiver zu machen? Ist das eigene Team groß genug, um die Aufgaben zu stemmen?

Nur wer die eigenen Prozesse hinterfragt und regelmäßig sein Businessmodell überprüft, kann sich verbessern, neue Chancen erkennen und seine Strategie rechtzeitig anpassen. Nur so bleibt man am Markt erfolgreich.

  1. Einheitsbrei bieten statt ein USP

Wer viel Energie in die Konzeption steckt, dem passiert dieser Fehler garantiert nicht: Einheitsbrei zu liefern, weil andere das ebenso machen. Stattdessen bietet das erfolgreich umgesetzte E-Commerce-Projekt deutlich erkennbare und leicht verständliche Alleinstellungsmerkmale (USPs). Die Zielgruppen werden in der Kommunikation abgeholt und erkennen im Onlineshop ein Angebot, das ihren Bedürfnissen und Wünschen entspricht.

  1. Customer Centricity fehlt

Das Marketing hat den Kunden wieder entdeckt und die Customer Centricity zur Leitidee jeder Aktivität erhoben. Das entspricht unserer Philosophie von der ersten Stunde an. Gut gemachte E-Commerce-Plattformen stellen den Kunden in den Mittelpunkt. Die User Experience muss von der Startseite über die Produktsuche bis zum Warenkorb und Zahlungsvorgang nahtlos funktionieren und bei jedem Schritt den Ansprüchen des Kunden entsprechen. Die Plattform leitet idealerweise den Kunden intuitiv durch das Angebot. Auch bei der Gestaltung gilt: das Angebot muss dem Kunden und Nutzer gefallen, nicht dem Shop-Betreiber.

  1. Beratungsresistent sein

Guter Rat muss nicht teuer sein, wenn man dadurch Fehler vermeiden und seinen Erfolg sichern kann. E-Commerce-Projekte sind komplex und beschäftigen viele Abteilungen und Menschen. Daher ist es wichtig, sich frühzeitig beraten zu lassen und Meinungen anzunehmen. Der Blick von außen hilft dabei, die häufigsten Fehler zu vermeiden und die Energie lieber in gute Ideen und einen gelungenen Online-Shop zu investieren.