So nutzt man visuelle Reize für die eigene Strategie

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Die Psyche des Menschen ist noch längst nicht vollständig erkundet. Doch gerade Werbetreibende haben ein hohes Interesse daran, wie der Mensch auf bestimmte Reize reagiert. Genau deshalb gibt es hierzu schon einige Erkenntnisse zu brennenden Fragen der Marketer. Wie erzeugt man durch Bild und Farbe Sympathie und wirkt negativer Reaktanz gezielt entgegen? Gibt es ein Grundrezept für den optischen Aufbau von Content? Und wie locke ich die meisten Nutzer auf mein Angebot?

 Acht Sekunden – das ist der gesamte Zeitraum, in dem der Mensch heute auf jegliche Form von Bild aufmerksam reagiert. Alles, was darauf folgt, ist ausgelöstes Interesse. Vor allem das Internet, Smartphones und die damit einhergehende, tägliche Flut an Bildern jeglicher Form haben für diese extreme Verkürzung der natürlichen Konzentrationsspanne gesorgt. Das Ziel der Marketer im heutigen Wettbewerb muss es also sein, in dieser kurzen Zeit dafür zu sorgen, dass nicht nur die wichtigsten Informationen direkt verfügbar sind, sondern auch, dass das Interesse an dem eigentlichen Inhalt steigt. Die Zielgruppe soll schließlich weiterlesen oder weiterschauen. Doch sind acht Sekunden zu wenig, um bei den Rezipienten Emotionen auszulösen und eine Verbindung aufzubauen?

Wie verarbeitet der Mensch visuelle Reize?

80 Prozent aller Informationen, die über die Umwelt erschlossen werden, kommen vom Sehsinn. Ein Viertel des Gehirns verarbeitet die Wahrnehmungen dann zu weiteren Aussagen, die über das Umfeld gemacht werden können. Dabei spielen nicht nur Größenverhältnisse, Entfernungen, Konstellationen und Beleuchtung eine Rolle, sondern auch Farben. Die Farbgebung hat erwiesenermaßen mitunter den größten Einfluss auf die Einschätzung der visuellen Information. Sowohl von Natur aus, als auch in Bezug auf antrainierte Assoziationen, lösen unterschiedliche Wellenlängen, die Farben an unser visuelles System aussenden, auch unterschiedliche Emotionen aus. Dabei hat die Natur stellenweise eine völlig konträre Interpretation einer Farbe vorgegeben, die mit der Intention von Werbetreibenden in Konflikt stehen kann.

Die Farbe Rot steht in der Natur beispielsweise für Aggression, Schmerz und Gefahr, da sie der Farbe von Blut und Fleisch ähnelt. Die Werbebranche nutzt die Farbe jedoch bevorzugt, um Liebe, Wärme und stellenweise auch Erotik zu suggerieren. Das bedeutet, dass der Kontext und die wahrgenommene Situation eine große Rolle dabei spielen, wie Bilder auf den Menschen wirken.

Wie macht man mehr Umsatz mit durchdachten Bildern?

Die einheitliche und attraktive Produktpräsentation muss immer an erster Stelle stehen, denn im Gegensatz zu Händlern vor Ort, hat der E-Commerce das Nachsehen. Produkte können hier nicht von Kunden angefasst, getestet oder ausprobiert werden. An die Stelle der Sensorik muss dazu ein visuelles Pendant treten, das heute zum Beispiel mit 360°-Produkt-Vorschauen und Zoom-Funktionen in der Lage ist, die entsprechenden Vor-Ort-Wahrnehmungen nachzuahmen. Die Weiterentwicklung von Online-Shops sorgte in der Vergangenheit zudem dafür, dass heute nur noch knapp die Hälfte deutscher Kunden lokale Geschäfte weiterhin bevorzugen.

Um die emotionale und sensorische Lücke zwischen dem stationären Handel und dem E-Commerce nachhaltig zu schließen, entwickeln Werbetreibende im Normalfall eine taktische Visual-Media-Strategie. Durch sie lassen sich – je nach Kontext – verschiedene Arten von Bildern zu unterschiedlichen Zwecken und in spezifischen Phasen der Customer Journey einsetzen und gezielt für die dazugehörigen Werbemittel definieren. Detaillierte Bilder des Angebots sind dazu besonders wichtig, da 30 Prozent der Kunden Produkte nur aus dem Grund reklamieren, dass sie der Online-Wahrnehmung nicht entsprechen. Hier wirkt eine gute Visual-Media-Strategie gezielt entgegen.

Attraktive Slides oder Hero-Images vermitteln beispielsweise bereits beim Aufrufen der Produktseite einen schnellen und positiven Eindruck durch eine prominente Darstellung als ersten Blickfang der Shop-Besucher. Lifestyle- und Modellbilder können die Produkte dann in Alltagssituationen darstellen, die den Nutzer des Online-Shops vertraut vorkommen. Zuletzt geben variable Produktbilder aus unterschiedlichen Perspektiven oder auch Rundum-Ansichten des Produkts den Kunden wichtige Informationen zum Design. Ist die Visual-Strategie besonders gut durchdacht, kann sie durch stringente Inhalte auch das Branding einer Marke bzw. eines Online-Shops vorantreiben.

Können Bilder eine Marke etablieren?

Natürlich verbinden Kunden meist nur dann positive Emotionen mit einem Angebot, wenn auch das Markenimage positiv behaftet ist. Dazu sind zu Beginn der Entwicklung einer Visual-Media-Strategie mitunter folgende wichtige Überlegungen unerlässlich: Wie möchte sich die Marke positionieren? Welche Werte vertritt die Marke? Basierend auf den Antworten und Vorstellungen, kommen dann weitere Fragen auf. Anschließend müssen gewünschte Assoziationen, dargestellte Situationen, wiederkehrende Elemente und die angestrebte Ästhetik der grafischen Inhalte von den Marketer geklärt werden, bevor es an die Umsetzung geht.

Ein guter Anfang zur Entwicklung der dazugehörigen Strategie ist dabei immer der Perspektivwechsel in die Köpfe der Kunden. Was ist den Käufer wichtig? In welcher Personengruppe und in welcher Generation befinden sich die Käufer der Produkte? Nur Händler und Hersteller, die Ihre Zielgruppe gut kennen, können auch eine wirklich zielführende Visual-Media-Strategie entwickeln. Natürlich kommt es dabei stets auf gute Designer und ein starkes Kreativteam an. Eine solide Grundlage hilft schließlich, zusätzlich andere Touchpoints mit den Visuals zu bedienen.

Kann man die Visual-Strategie auf Social Media ausweiten?

Da das Gehirn Abbildungen, bewegte Bilder, Schemata oder auch Infografiken viel schneller interpretieren kann als Texte, lohnt es sich, die erarbeitete Bildsprache der Strategie auch für Social Media Beiträge zu verwenden. Beiträge mit Bildern erfahren auf Metas Hauptplattform 2,3-mal so viel Engagement als Postings ohne Grafik und Twitter-Posts mit Bildern erzielen im Durchschnitt 150 Prozent mehr Retweets. Dabei steigert die Nutzung von Grafiken nicht nur die Interaktion mit dem Unternehmensprofil, sondern auch die allgemeine Aufmerksamkeit, die ein Unternehmen in den sozialen Medien bekommt. In der Folge erreichen die sozialen Auftritte dann eine gewisse Treue und dadurch auch eine emotionale Bindung zur Zielgruppe. Selbstverständlich muss sich die Strategie dabei an die Gegebenheiten, den Kontext und das Format des jeweiligen Kanals anpassen. Während beispielsweise bei Instagram Bilder und Grafiken eine übergeordnete Rolle spielen und lange Captions kein unbedingtes Muss sind, sind Nutzer der Business-Plattform LinkedIn das Lesen längerer Texte durchaus gewohnt – sofern Visual und Headline ihr Interesse wecken.

Fazit: Was Kunden sehen ist das A und O

Bestandteil der finalen Strategie muss sein, zu definieren, wie oft und an welchen Touchpoints die Nutzer mit den visuellen Inhalten in Berührung kommen. Reaktanzen (negative Haltungen durch wiederholte Werbekontakte) sind dabei vollständig zu vermeiden, während durch wiederholten Kontakt das Vertrauen in die Marke trotzdem gestärkt wird. In einer digitalen Welt, wie der heutigen, darf die Bedeutung, aber auch die Wirkung von Bildern in ihrer Allgemeinheit nicht unterschätzt werden. Visuals übernehmen am Ende eine Menge der alltäglichen Arbeit: Sie treten in direkten Kontakt mit der Zielgruppe, hinterlassen den ersten Eindruck und haben dadurch den stärksten Einfluss auf alle Kaufentscheidungen. Zu verstehen, wie der Mensch visuelle Reize interpretiert, ist eine der Grundlagen für den E-Commerce. Acht Sekunden – so kurz sie auch erscheinen mögen – sind genug, um eben die Aktionen auszulösen, auf die es im Wettbewerb ankommt.

Autorin: Lynn Klemke ist Event- und PR-Managerin bei Wedia. Zuvor war sie als Marketing-Managerin für den DACH-Bereich im Unternehmen tätig. Lynn arbeitet seit Februar 2021 bei Wedia und sammelte vorher zahlreiche Erfahrungen im Bereich Content-, Social-Media- und Produktmanagement.