„Post-Covid“: So bleibt der Handel krisenfest

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Seit dem Ausbruch der Pandemie Anfang des Jahres 2020 haben Einzelhändler mit Beschränkungen sowie vorübergehenden und wiederkehrenden Schließungen ihrer Geschäfte zu kämpfen. Im Zuge dessen hat sich das Kaufverhalten der Kunden verändert und die Einzelhändler mussten ihre Geschäftsabläufe anpassen. So stieg beispielsweise der Umsatz im Versand- und Internethandel im April 2020 während des ersten Lockdowns um rund 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Der Einzelhandel ist daher gezwungen, sich stärker auf digitale Kanäle zu konzentrieren und digitale Technologien zu nutzen. Man sollte außerdem nicht davon ausgehen, dass nach der Pandemie derselbe Zustand wie zuvor herrschen wird. Einige Änderungen im Kundenverhalten, wie beispielsweise das stärkere Gesundheits- sowie Sicherheitsbewusstsein und die vermehrten Online-Einkäufe in jeglichen Bereichen, werden bestehen bleiben.

Einzelhändler sollten daher entsprechende Maßnahmen ergreifen, um solche Krisenzeiten erfolgreich zu überstehen und – auch danach – wettbewerbsfähig zu bleiben.

Es ist davon auszugehen, dass die folgenden fünf Trends auch nach der Pandemie das Kauferlebnis weiter beeinflussen werden.

Contactless Commerce: Die kontaktlose Costumer Journey ermöglichen

Der kontaktlose Handel ermöglicht es Kunden, einen Einkauf zu tätigen ohne öffentliche Strukturen oder Hardware berühren zu müssen. Auch der enge Kontakt mit anderen Personen wird vermieden. Sowohl der digitale Handel als auch Einkäufe in Geschäften kann kontaktlos erfolgen – von der Auswahl der Produkte bis hin zur Bezahlung. Viele Einzelhandelsgeschäfte verschmelzen daher derzeit das In-Store-Erlebnis mit dem digitalen Einkauf und bieten ein durchgängiges kontaktloses Erlebnis, um die gesundheitlichen Gefahren für die Verbraucher zu minimieren und sie dadurch anzulocken.

Es gibt unterschiedliche Bereiche, in denen der kontaktlose Handel umgesetzt werden kann. Das kontaktlose Bezahlen ist vor allem seit Beginn der Covid-19-Pandemie nicht mehr wegzudenken. Laut einer GfK-Studie vom Juli 2020 zahlen 44 Prozent der Deutschen, wenn möglich, immer kontaktlos. Dies umfasst das digitale Bezahlen mit Apps sowie die kontaktlose Kartenzahlung. Beispielsweise zahlten 66 Prozent der Deutschen im Jahr 2020 durch das Auflegen der Bankkarte, 2019 waren es nur 44 Prozent.

In Fällen, in denen PIN oder eine Unterschrift erforderlich sind, sollten derzeit genutzte Oberflächen – einschließlich Touch-Displays, Knöpfe sowie Stifte – häufig desinfiziert werden. Die Pandemie hat zudem zu neuen Abholmethoden in Geschäften geführt – beispielsweise die Abholung am Eingang, mit dem Auto – wo möglich –, oder in Abholstationen. Einzelhändler sollten also für eine durchgängige kontaktlose Customer Journey sorgen – ob online oder in der Filiale und verschiedene Zahlungs-, Liefer- sowie Abholoptionen anbieten, die den unterschiedlichen Kundenpräferenzen entsprechen.

Auch für ihre Mitarbeiter können Geschäfte kontaktlose Technologien bereitstellen. Einzelhändler haben bei viele Vorgänge in den Filialen die Möglichkeit, digitale Lösungen zum Schutz ihrer Mitarbeiter einzusetzen. Robotik, Künstliche Intelligenz (KI) und Computer Vision können genutzt werden, um die Mitarbeiter beispielsweise bei der Regalbestückung, Produktsortiment sowie Lieferprozesse zu unterstützen.

Visuelle Produktkonfiguration: Hilfe bei der Produktauswahl mittels 2D- oder 3D-Darstellung

Visuelle Produktkonfigurationstools ermöglichen es Kunden visuelle 2D- oder 3D-Darstellung des gewünschten Produkts mit den von ihnen ausgewählten Optionen und Funktionen vor dem Kauf zu sehen – ohne dabei einen physischen Ausstellungsraum besuchen zu müssen. Das konfigurierte Produkt lässt sich sogar mittels Mixed Reality – bei der die natürliche Wahrnehmung um eine künstliche computererzeugte Wahrnehmung ergänzt wird – an seinem vorgesehenen Standort darstellen. Visuelle Konfiguratoren können Teil des digitalen Einkauferlebnisses des Kunden sein, oder sie können von einem Verkäufer gesteuert werden und mit dem Kunden über Webkonferenz-Tools geteilt werden. Visuelle Konfigurationstools können für eine Vielzahl an Produkten eingesetzt werden.

Aufgrund der Corona-Maßnahmen mussten Geschäfte und Showrooms für Küchen, Möbel sowie Fahrzeuge schließen beziehungsweise die Anzahl der anwesenden Personen einschränken. Die visuelle Konfigurationstechnologie ist jedoch ein kostengünstiger Ersatz. Zudem kann der Online-Konfigurator unzählige Produktvarianten anzeigen, der Bedarf an Mustern wird somit minimiert. Die visuellen Konfiguratoren in Kombination mit fortschrittlichen Fertigungstechniken ermöglichen außerdem die Individualisierung von Produkten.

Nach der Krise sollten Unternehmen, die Rentabilität von vielen einzelnen kleineren Showrooms überdenken. Die Alternative wäre ein zentraler Showroom in Kombination mit visueller Konfigurationstechnologie. Ein digitaler Selbstbedienungshandel mit visueller Konfiguration wird die Gewinnspanne deutlich verbessern und den Verkaufszyklus verkürzen, denn ein Online-Shop steht den Verbrauchern rund um die Uhr zur Verfügung.

Live Commerce: Kundeninteraktion in Echtzeit

Live Commerce nutzt Live-Video-Streaming, um Produkte zu demonstrieren und mit Käufern in Echtzeit zu interagieren, um sie zum Kauf zu animieren. Er wird typischerweise über mobile Apps bereitgestellt. Die Livestream-Funktion kann in Commerce-Plattformen eingebettet sein oder von Online-Marktplätzen und sozialen Netzwerken mit Kauflinks angeboten werden.

Unternehmen können Live Commerce nutzen, um das Interesse der Kunden zu wecken, Traffic zu generieren und Markenbewusstsein zu schaffen. Technisch gesehen muss ein reibungsloses Kundenerlebnis vom Livestream bis zum Check-out geschaffen werden, daher sollten entsprechende Plattformen und Technologieanbieter genutzt werden. Unternehmen können auch soziale Netzwerke mit integrierten Check-out-05Funktionen nutzen und auch Livestream-Lösungen in ihre Commerce-Plattformen oder kundenorientierten Schnittstellen, wie beispielsweise Chats im Kundenservice, einbetten.

Die Mitarbeiter können Live Commerce auch zur Interaktion mit Kunden nutzen – sie können Fragen beantworten und bei der Suche nach den richtigen Produkten helfen. Unternehmen können diese menschengestützten personalisierten Einkaufserlebnisse zu den Personalisierungsfunktionen hinzufügen, die sie bereits in der Commerce-Plattform haben, um die Kundenzufriedenheit und Wiederholungskäufe weiter zu steigern.

Lights-Off Commerce: Das richtige Abo für jeden

Lights-Off Commerce bezieht sich auf automatisierte Einkäufe unter Verwendung von Abonnements, um Waren regelmäßig an die Kunden zu liefern. Mit Hilfe von Abonnements schützen sich die Verbraucher, während der Pandemie vor Lieferengpässen und vermeiden den physischen Einkauf im Geschäft. Vor der Pandemie bezogen beispielsweise 28 Prozent der deutschen Verbraucher ein sogenanntes Kochboxen-Abo, 85 Prozent haben die Ausgaben dafür während der Pandemie beibehalten oder sogar erhöht. Abonnements bieten den Verbrauchern nicht nur Bequemlichkeit und Sicherheit, sondern auch Kosteneinsparungen, die in Zeiten von finanzieller Unsicherheit von Vorteil sind. Für Anbieter bedeutet der Verkauf über ein Abonnementmodell, dass sie vorhersehbare, vertraglich festgelegte Einnahmequellen haben.

Unternehmen sollten unterschiedliche Abo-Pläne anbieten, um verschiedenen Kundenpräferenzen gerecht zu werden und mehrere Preismöglichkeiten offerieren.  Kostenlose Testversionen sowie unkomplizierte Kündigungen – ohne Knebelverträge – sollten dabei berücksichtigt werden, um Anmeldungen seitens der Kunden zu fördern.

Es werden immer wieder neue Herausforderungen auf den Einzelhandel zukommen. Die derzeitige Situation sollte daher als Chance gesehen werden und als Möglichkeit, sich nicht nur der veränderten Situation anzupassen, sondern sich auch weiterzuentwickeln. Neue Handelsformen entstehen und neue Technologien werden neue Kundenbedürfnisse erfüllen. Die Hauptsache ist, dass im Zentrum der Kunde steht – das sollte nie in Vergessenheit geraten und neue Entwicklungen anstoßen.

Erhöhte Steuerkomplexität

Mit der weltweiten Innovation und Expansion in Sachen Digitalisierung steigen auch die Herausforderungen in Bezug auf Steuern. Die steuerlichen Verpflichtungen eines Einzelgeschäfts sind beispielsweise nicht dieselben wie bei einem Online-Verkäufer, der in zehn Länder verkauft. Die Doppelbelastung durch Brexit und die kommenden Mehrwertsteuerreformen für den E-Commerce haben den Verkäufern sowohl in Großbritannien als auch der EU innerhalb kürzester Zeit tiefgreifende Veränderungen gebracht.

Das Labyrinth internationaler Steuervorschriften, einschließlich indirekter Steuern, grenzüberschreitender Verkäufe, Verbrauchssteuer und mehr, muss nahtlos in Kassensysteme integriert werden.

Wenn die akkumulierte Covid-Verschuldung des vergangenen Jahres Realität wird, werden die Steuerbehörden ihre Augen auf Steuern als dringend benötigte Einnahmequelle richten. Die Notwendigkeit, dass Verkäufer ihre Berechnungen richtig und ihre Einhaltung in Ordnung bringen, ist daher von entscheidender Bedeutung.