Die Covid-19-Pandemie erfordert eine neue Segmentierung nach Bedürfnissen und Ängsten der deutschen Konsumenten. Über die Hälfte (55%) der Deutschen ist um ihre Gesundheit besorgt; ein Drittel der Verbraucher ist sowohl gesundheitlich als auch finanziell sehr besorgt. Ein Großteil der Konsumenten plant, nach der Pandemie den Konsum zu reduzieren.
Die aktuelle Changing Consumer Priorities Study der Unternehmensberatung AlixPartners zeigt, dass Covid-19 das Konsumverhalten in Deutschland auch nach dem Ende der Pandemie langfristig prägen wird. So gibt fast die Hälfte der befragten deutschen Verbraucher an (44%), dass sie ihre Einkaufsgewohnheiten durch die Pandemie dauerhaft geändert hat – und dies auch nach Ende der Pandemie beibehalten wird. Das ist nur eines der Ergebnisse der empirisch basierten Umfrage über sich ändernde Verbrauchergewohnheiten. Darin hat AlixPartners auch eine neue Art der Konsumentensegmentierung entwickelt. Diese unterscheidet Verbraucher nach ihren durch die Pandemie geprägten Bedürfnissen und Ängsten sowie traditionellen demografischen Merkmalen.
Konsum rückläufig – langfristige Änderung des Kaufverhaltens zu erwarten
Die Studie zeigt, dass deutsche Verbraucher während der Pandemie nicht nur bei der Freizeitgestaltung sparen. Insgesamt überwiegt der Anteil der Konsumenten, die Ausgaben im Zuge der Pandemie reduziert haben. Das ist in 12 der 15 untersuchten Bereiche, unter anderem bei Bekleidung (über 40%), der Fall. Nur bei Haushaltswaren und Lebensmitteln ergibt sich netto eine höhere Prozentzahl (etwa 20%).
„Wir sehen, dass entgegen der landläufigen Meinung nicht nur der Freizeit- und Eventbereich von der Pandemie betroffen ist“, ordnet Peter Heckmann, Managing Director bei AlixPartners, die Zahlen ein. „Zwar sind die negativen Spitzenreiter beim Konsum der letzten Monate wie erwartet die Tourismusbranche und die Gastronomie, nicht weit dahinter folgen jedoch vermeintliche pandemieunabhängige Branchen wie Bekleidung, Schuhe oder Unterhaltungselektronik.“
Aus der Studie geht zwar hervor, dass sich knapp zwei Drittel (61%) der Befragten als Impfoptimisten bezeichnen. Trotz der von der Mehrheit erwarteten baldigen Rückkehr zum „Normalzustand“ durch das Impfen gehen 44 Prozent der Deutschen von einer langfristigen Änderung ihres Kaufverhaltens aus. Besonders betroffen sind hier zukünftig u.a. die Bereiche Beauty, Mode und Gastronomie. Global gehen sogar 48 Prozent von einer dauerhaften Änderung des Kaufverhaltens aus. Großbritannien zählt hier mit einem Wert von 56 Prozent zu den Spitzenreitern.
Gesundheitliche und finanzielle Sorgen ausschlaggebend für künftigen Konsum
Die neue Segmentierung teilt das Verhalten und die zukünftigen Absichten der Verbraucher in 4 verschiedene demografische Gruppen entlang der Dimensionen „Gesundheitliche Bedenken“ und „Finanzielle Sorgen“ ein. Demnach macht sich aktuell mehr als die Hälfte der Deutschen (55%) Sorgen um ihre Gesundheit. Ein Drittel (33%) ist sowohl gesundheitlich als auch finanziell sehr besorgt. Dagegen sind 37 Prozent der Verbraucher sowohl gesundheitlich als auch bezüglich des eigenen Geldbeutels eher optimistisch. Auch die internationalen Ergebnisse der Studie zeigen, dass die beiden Aspekte das Konsumverhalten weltweit prägen werden.
Heckmann schlussfolgert daraus Implikationen für die Entwicklung des Einzelhandels: „Verantwortliche in Unternehmen müssen erkennen, dass neben finanziellen vor allem auch gesundheitliche Aspekte im Vordergrund stehen. Das könnte sich in der Ausrichtung des Produktportfolios widerspiegeln. Zudem sollten die aktuell geltenden strengen Hygienemaßnahmen nach der Pandemie auf hohem Niveau gehalten werden – sowohl in der Lieferkette als auch am Point of Sale.“
Online-Handel auf dem Höhenflug – aber nicht überall
Spannende Zahlen birgt die Konsumentenumfrage zur Art und Weise des Einkaufs. So geben erwartungsgemäß viele Verbraucher an, mehr Online-Shopping zu nutzen. Während beispielsweise 39 Prozent der Verbraucher ihre Bekleidung stärker online shoppen werden als vor der Pandemie, wird der Online-Handel auch im Lebensmittelbereich zunehmen, jedoch stark unterproportional im Vergleich zu anderen Bereichen.
„Diese Zahlen sind besonders im Hinblick auf die Stadtentwicklung relevant“, erklärt Dr. Karsten Lafrenz, Managing Director bei AlixPartners. „Vor allem die Innenstadtlagen und große Flächen werden weiter unter Druck geraten. Innovative Ladenkonzepte werden mit genau auf den Verbraucher zugeschnittenen Angeboten aufwarten müssen. Auch die Kanäle müssen intelligent und langfristig in einem Multichannel-Ansatz verbunden werden.“
Die Umfrage zeigt darüber hinaus, dass ein Drittel der Verbraucher (33%) nach der Pandemie einen noch größeren Wert auf Nachhaltigkeit im Kaufverhalten legen wird als zuvor. Bei weiteren 22 Prozent schlägt sich der größere Fokus auf umweltfreundliche Produkte nicht im Kaufverhalten nieder. „Zukünftig werden nicht nur Unternehmen im höheren Preissegment einen Fokus auf Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte legen, um auch weiterhin einen breiten Markt bedienen zu können“, so Lafrenz.
Über die Changing Consumer Priorities Study 2021
Die aktuelle AlixPartners Changing Consumer Priorities Study wurde im Januar 2021 durchgeführt. Befragt wurden 7.164 Verbraucher ab 18 Jahren in China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Saudi-Arabien, der Schweiz und den USA. Die Umfrage ist länderübergreifend nach Geschlecht, Alter, Einkommen, Bildung und Standort (Stadt/Land/Vorstadt) ausgeglichen. Es ist die zweite AlixPartners Umfrage dieser Art, die erste wurde im Sommer 2020 durchgeführt.