Stationärer Handel: Kunden wollen persönliche Beratung – und digitale Services

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Der stationäre Handel bleibt für deutsche Verbraucher relevant, doch das Erlebnis vor Ort ist oft ausbaufähig. Drei Viertel der Verbraucher legen Wert auf freundliche, aufmerksame und präsente Verkäufer – allerdings berichten 59 Prozent der Kunden, dass sie bei ihrem letzten Einkauf das Verkaufspersonal aktiv ansprechen mussten, um beraten zu werden. Nur 38 Prozent der Verkäufer konnten während des Gesprächs Informationen zu einem bestimmten Produkt geben. Zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Befragung von 1.000 deutschen Konsumenten im Auftrag der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.

„Gut geschultes und aufmerksames Personal ist ein wichtiges Element, um Kunden im stationären Handel ein positives Einkaufserlebnis zu bieten – und ein entscheidender Faktor, um sich gegenüber dem Onlinehandel zu differenzieren. Die Verbraucher erleben jedoch zu häufig ein durchwachsenes Serviceangebot. Händler sollten deshalb dringend in ihr Personal, dessen Qualifikation und Motivation investieren.“, sagteDr. Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland

Roboter ja, aber nicht als Ersatz menschlicher Berater

Digitale Technologien wie Roboter sind ein gutes Mittel, um die Verkäufer zu entlasten und zu unterstützen. Menschliche Berater können sie jedoch nicht ersetzen. Laut Studie zeigt zwar mehr als die Hälfte der Deutschen Interesse am Einsatz von Robotern im stationären Handel (55 Prozent). Jeder zweite Kunde aus der Altersgruppe über 40 würde einen solchen digitalen Helfer jedoch nicht nutzen.

Beim Bezahlen geht es vor allem um Effizienz

Besonders beim Check-out schätzen Kunden die Vorteile der Digitalisierung: 61 Prozent sehen in Selbstbedienungskassen, an denen sie Produkte selbst scannen und bezahlen, eine Verbesserung des Bezahlvorgangs. Bei den unter 40-Jährigen sind es sogar über 70 Prozent. „In keiner anderen Phase des Einkaufs setzen Konsumenten derart auf Automatisierung wie beim Bezahlen. Hier lohnen sich Investitionen in digitale Technologien, wobei Sicherheit die Voraussetzung für Akzeptanz und Nutzung sein wird“, so Christian Wulff.

Generation der unter 30-Jährigen setzt neue Maßstäbe

Neue Maßstäbe im Einzelhandel setzt die junge Generation: Digitale Services sind für Menschen unter 30 höchst relevant. 43 Prozent der Konsumenten aus dieser Altersgruppe wollen beispielsweise die Produktverfügbarkeit online einsehen können. Rund jeder Dritte möchte im Netz sehen, wie voll es im Laden ist oder Produkte online bestellen und im Anschluss persönlich abholen (Click & Collect). Zudem spielen individuelle Services für die unter 30-Jährigen eine wesentliche Rolle: 44 Prozent erwarten, dass die Verkäufer sich für ihre persönlichen Präferenzen interessieren. Ein Viertel wünscht sich persönliche Verkaufsberater sowie personalisierbare und individualisierbare Produkte.

„Menschen unter 30 stellen hohe Erwartungen an das Einkaufserlebnis. Sie sind die Treiber von Digitalisierung und Individualisierung. Gleichzeitig suchen sie Orientierung. Für digitales Marketing sind sie sehr empfänglich. Händler sollten sich darauf einstellen, dass diese Erwartungspioniere sehr schnell zum generationenübergreifenden Mainstream werden.“
Dr. Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland

Kunden akzeptieren Preisaufschläge für Services

Ein gewisser Bewusstseinswandel lässt sich bei allen Konsumenten – unabhängig vom Alter – beobachten: Sie sind zunehmend bereit, Preisaufschläge für guten Service und kompetente Beratung zu zahlen. Die Studie belegt, dass viele Konsumenten Preisaufschläge sogar für Basis-Services akzeptieren: Ein gutes Drittel (37 Prozent) würde einen Aufpreis von 13 Prozent für eine zuverlässige Lieferung in Kauf nehmen. Ein Viertel würde 11 Prozent mehr bezahlen, um eine Service-Hotline nutzen zu können, die schnelle Hilfe und kompetente Beratung bietet. Ebenso viele wären bereit, 14 Prozent mehr auszugeben, damit ihre Reklamationen schnell abgewickelt werden.

After-Sales-Services zur Differenzierung und Margensteigerung

Eine hohe Zahlungsbereitschaft zeigen die Kunden auch für weitere After-Sales-Services: Rund 60 Prozent der Befragten würden für einen schnellen Aufbauservice 12 Prozent mehr zahlen. Knapp die Hälfte (47 Prozent) wäre bereit, einen Aufschlag von zehn Prozent für die Entsorgung von Altprodukten zu entrichten.

Auch bei den Zusatz-Dienstleistungen rund um den Einkauf manifestieren sich altersspezifische Unterschiede: Verbraucher unter 40 sind besonders an zusätzlichen Beratungsdienstleistungen interessiert und zeigen sich dafür überdurchschnittlich zahlungsbereit. Sie wünschen sich etwa eine telefonische Beratung durch einen Experten oder eine Online-Beratung durch Chatbots. Außerdem schätzen sie es, wenn sich Händler telefonisch oder per Mail nach ihrer Zufriedenheit erkundigen.

„Der Einzelhandel sollte die Bedeutung von Zusatz-Dienstleistungen für das Kundenerlebnis nicht unterschätzen, sondern das Angebot und die Qualität der Services überprüfen und Lösungen finden, die dem Kunden echten Mehrwert bieten. Besonders im After-Sales-Bereich bestehen gute Chancen, sich vom Onlinehandel zu differenzieren und die Margen zu steigern. Denn auch Must-Have-Services müssen Händler nach Ansicht vieler Kunden nicht kostenfrei anbieten.“
Dr. Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und Konsumgüter bei PwC Deutschland