Fünf Tipps: Steuer- und Zollprozesse optimieren

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Händler sind kontinuierlich mit neuen gesetzlichen Herausforderungen konfrontiert. Vor allem der Brexit Anfang 2020 und das im Juli in Kraft getretene Mehrwertsteuer-Digitalpaket hatten und haben massive Auswirkungen auf die Steuer- und Zollprozesse von Händlern. Darüber hinaus stellt die schleppende Digitalisierung der deutschen Behörden eine weitere Hürde dar, denn der dadurch entstehende Steuer- und Zollbetrug bietet Händlern aus Drittländern einen Wettbewerbsvorteil, da sie ihre Waren zu Dumpingpreisen in Deutschland anbieten können. Die deutschen Händler dürfen deswegen aber nicht den Kopf in den Sand stecken. Mit Blick auf das eigene Geschäft ist es wichtig, Prozesse zu evaluieren und zu optimieren. Die folgenden fünf Tipps zeigen, wie man die Komplexität von Steuer- und Zollvorgaben reduzieren kann, um den Handel mit Waren bestmöglich zu gestalten.

1. Schwellenwert bei innergemeinschaftlichen Lieferungen beachten

Seit dem 1. Juli 2021 gilt ein neuer EU-weit in Kraft getretener Schwellenwert, der sich direkt auf die Meldung und Abführung der Steuer auswirkt. Anstatt einer Lieferschwelle pro EU-Land von 35.000 bis 10.000 Euro, liegt diese jetzt nur noch bei 10.000 Euro für alle EU-Umsätze gesamt. Eine drastische Änderung. Denn dies bedeutet, dass zahlreiche Händler ab sofort umsatzsteuerpflichtig in anderen EU-Ländern sind. Konnten sie vorher noch die deutsche Umsatzsteuer abrechnen, müssen sie sich jetzt mit dem ausländischen Umsatzsteuerrecht befassen. Ein deutscher Händler, der beispielsweise Waren an Privatpersonen in Spanien und Frankreich verkauft, muss die dort geltenden Steuersätze anwenden und die Umsatzsteuer an die dort ansässige Behörde zahlen. Um steuerkonform zu agieren, sollten Händler sich intensiv mit ihren Steuerberatern auseinandersetzen und einen detaillierten Überblick über ihre Sendungen haben.

2. OSS und IOSS

Um auf den neuen Schwellenwert und auf weitere Änderungen durch das Mehrwertsteuer-Digitalpaket auch bekannt als EU E-Commerce VAT Reform, reagieren zu können, wurden zwei zentrale Meldeverfahren ins Leben gerufen. Über den OSS (One-Stop-Shop) können die Steuererklärung und die Weiterleitung der Umsatzsteuerzahlungen zentral für alle Mitgliedsstaaten an die zuständigen Finanzbehörden, wie in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt.), getätigt werden. Der Import-One-Stop-Shop (IOSS) ist ein neues Zollverfahren, das u.a. für die Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer durch die Zollverwaltung geschaffen wurde. Allerdings müssen Händler beachten, dass der IOSS nur auf Waren mit einem Sachwert bis 150 Euro ausgelegt ist und sie dürfen keinerlei Verboten, Beschränkungen oder der Verbrauchssteuerpflicht unterliegen. Auch die korrekte und vollständige Zuordnung und Tarifierung bei der Importzollanmeldung liegt weiterhin in der Verantwortung der Händler. Das zeigt, dass Händler sich ausführlich mit den beiden Anlaufstellen auseinandersetzen sollten, denn grundsätzlich ist eine Registrierung zu empfehlen. Alternativ müssten ansonsten alle Umsätze über 10.000 Euro (netto) im Warenbestimmungsland gemeldet werden.

3. Korrekte Anwendung von Steuersätzen

Eine große Schwierigkeit für innerhalb der EU bzw. im Drittland ansässige Händler, ist die korrekte Zuordnung des Steuersatzes im Bestimmungsland. Die Steuersätze der EU-27 sind nicht harmonisiert. Jedes Land erhebt unterschiedliche Sätze auf Waren. Der Händler muss im B2C-Handel den Steuersatz des Ziellandes korrekt berechnen und abführen. Bei der Masse an Sonderregelungen und Ausnahmen handelt es sich dabei um eine Mammutaufgabe. Genau deshalb hat die EU-Kommission eine Datenbank veröffentlicht, die die Mehrwertsteuersätze der EU-27 beinhaltet. Es zeigt sich jedoch, dass diese Datenbank teilweise unvollständige, fehlerhafte und nicht aktuelle Steuersätze beinhaltet. So wurde beispielsweise die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer von 19% auf 16% nicht in der Datenbank abgebildet. Ein Wettbewerbsnachteil und Risiko für Händler, die sich auf die Angaben verlassen. Damit Steuererklärungen nicht unvollständig oder sogar inkorrekt sind, sollten Händler bei Nutzung der Datenbank die Angaben auf Richtigkeit überprüfen oder andere Datenbanken zum Vergleich hinzuziehen.

4. Transparente Kosten

Auch einige Zollprozesse haben sich seit dem 1. Juli geändert. Bei Waren aus dem Ausland bzw. aus einem Nicht-EU-Land müssen Käufer grundsätzlich Einfuhrabgaben und Zollgebühren bezahlen. Vor allem bei günstigen Waren sind diese Zusatzkosten problematisch, da sie teilweise den Bestellwert übersteigen. Beim Kauf einer Handyhülle aus China für 5,50 Euro beispielsweise kommen 1,05 Euro Einfuhrumsatzsteuer hinzu plus die Servicepauschale des Versanddienstleisters für die digitale Zollanmeldung von ca. 6 Euro – das führt zu Zusatzkosten von insgesamt 7,05 Euro. Damit Kunden nicht böse überrascht werden, sollten Händler sicherstellen, dass sie alle Zusatzkosten, sowohl bei den Steuern als auch bei Zollkosten, transparent im Checkout-Prozess angeben.

5. Zusammenarbeit mit Partnern

Um die genannten Herausforderungen zu meistern, ist es wichtig, dass Händler sich die nötige Unterstützung holen. Eine Bestandsaufnahme mit dem Steuerberater ist ein erster wichtiger Schritt, um einen Überblick zu erhalten, welche Waren und Prozesse aktuell optimiert werden müssen. Des Weiteren können technische Lösungen Abhilfe schaffen. Durch die Digitalisierung und Automatisierung von Abläufen können komplexe Prozesse nachhaltig optimiert werden. Im Idealfall gibt es ein Zusammenspiel aus Mensch (in diesem Fall dem Steuerberater) und Maschine (technischen Lösungen), das Händlern dabei hilft, steuer- und zollkonform zu agieren.

Die genannten Beispiele zeigen die Komplexität, die mit Steuer- und Zollprozessen einhergeht. Doch jede Herausforderung in diesen Bereichen sollte als Chance gesehen werden. Denn die Themen werden sich in Zukunft weiterentwickeln und kontinuierlich neue Regelungen und Vorgaben mit sich bringen. Deshalb sollten Händler langfristig denken und entsprechend investieren. Optimierte Prozesse wirken sich nicht nur positiv auf die Steuererklärung und Zollanmeldung aus, sondern haben auch Effekte auf die Preis- und Margengestaltung und vereinfachen die Expansion in neue Länder.