„Komfort ist der Treiber im Payment“

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Die Welt des Zahlens wird sich ändern, dessen ist sich Ralf Gladis, Gründer und CEO von Computop, sicher. Doch noch gilt es für alle Beteiligten große Herausforderungen zu meistern. Eine Verbindung von Kundenerlebnis und Sicherheit ist aber durchaus möglich.

Welche sind die drei großen Herausforderungen, denen die Zahlungsdienstleistungsbranche heute gegenübersteht? Und welche Auswirkungen haben diese Herausforderungen auf Verkäufer und Händler?

Die erste Herausforderung besteht im Bereich Omnichannel. In einer Zeit, in der die Händler ihre Omnichannel-Strategien umsetzen, um eine einheitliche Nutzererfahrung zu ermöglichen, mangelt es den Zahlungsdienstleistern an einer geeigneten Auswahl an Omnichannel-Zahlungsmethoden. Karten sind wirklich omnichannelfähige und globale Lösungen, aber sie sind bei mobilen und Online-Zahlungen noch nicht komfortabel genug. PayPal hingegen scheiterte daran, mehrkanalige Funktionalität anzubieten. Nur wenige Zahlungsmethoden können alle Verkaufskanäle mit einer positiven Nutzererfahrung abdecken.

Die zweite große Herausforderung liegt in der Vielfalt der weltweiten Zahlungsmethoden. Die Händler müssen unterschiedliche POS-Terminals für Zweigstellen in den verschiedenen Ländern verwenden. Sie müssen in fast jedem Land eine andere Zahlungs­methode implementieren. Und die Händler erhalten Geld und Finanzdaten aus verschiedenen Quellen, was die Automatisierung der Buchhaltung erschwert. Um dies alles zu verbinden, sind große Anstrengungen in der EDV nötig. Eines der am meisten nachgefragten Produkte bei Computop ist keine Zahlungsmethode, sondern eine Abrechnungsdatei, die Finanzdaten für alle Zahlungsmethoden weltweit in nur einem einzigen Format enthält. Statt die Daten von 10 oder 20 Finanzpartnern selbst zu sammeln, ziehen es die Händler vor, die standardisierte Abrechnungsdatei von Computop (Standardised Computop Settlement File (CTSF) zu importieren. Das reduziert den Abstimmungsaufwand für Händler beträchtlich.

Probleme mit der Sicherheit und Betrug sind die dritte große Herausforderung. Viele große Datenlecks haben die Verletzlichkeit der heutigen EDV-Infrastrukturen von Handel, Hotellerie und anderen Unternehmen aufgezeigt. Omnichannel-Prozesse müssen heute vernetzt und untereinander kompatibel sein, aber der elektronische Handel braucht bessere Sicherheit und Verschlüsselung. Heute sind Sicherheitsverfahren wie Point-to-Point Encryption (P2PE) für POS-Terminals verfügbar, aber aufgrund der langen Austauschzyklen der POS-Terminals sind bisher nur wenige zertifizierte Verfahren im Einsatz. Das ist ein langer Prozess, da Millionen von POS-Terminals gegen solche mit sicheren P2PE-Verfahren ausgetauscht werden müssen.
Wenn Sie heute drei Dinge an der ­Zahlungsdienstleistungsbranche ändern könnten, welche wären das?

  1. Ich würde die Anwendung von P2PE-Verschlüsselung bei allen neuen POS-Terminals verpflichtend machen, um die Kartendaten der Nutzer zu schützen und das Vertrauen in Kartenzahlungen aufrecht zu erhalten.
  2. Ich würde biometrische Authentifizierung fördern und belohnen, um Betrug zu erschweren und gleichzeitig den Komfort zu erhöhen.
  3. Ich würde Komptabilität zwischen Zahlungsmethoden weltweit durchsetzen und Standards für finanzielle Abrechnungsdaten und zur Harmonisierung einführen.

„Ich würde Komptabilität zwischen Zahlungsmethoden weltweit durchsetzen und Standards für finanzielle Abrechnungsdaten und zur Harmonisierung einführen.“
Ralf Gladis, Gründer und CEO von Computop

 

Welcher historische Meilenstein der letzten 20 Jahre sticht für Sie am meisten hervor?

Bei stationären Geschäften ist der größte Meilenstein im Zahlungsverkehr die Nahfeldkommunikation, da es sich dabei um einen globalen Standard handelt und sie die Zahlung mittels mobiler Geräte wie Smartphones und Smartwatches ermöglicht, selbst wenn diese nicht mit dem Internet verbunden sind. Angesichts der Sicherheitsbedenken im E-Commerce war die Tokenisierung, die Computop eingeführt hat, ein bedeutender Meilenstein für Online-Shops. Das Ersetzen der Kreditkartennummern ­erhöhte die Sicherheit und ermöglichte es den Händlern, durch One-Click-Zahlungen Komfort zu bieten. Angesichts der Dominanz von Kartenzahlungen war die Tokenisierung bisher für Hunderttausende von Onlinehändlern und Milliarden von Zahlungstransaktionen eine gewaltige Verbesserung. Apple Pay verlässt sich noch heute auf das Konzept der Tokenisierung.

Für die Konsumenten war der größte Meilenstein der Aufstieg der Digital Wallets, die den Weg für ein komfortables digitales Einkaufserlebnis in einer kanalübergreifenden Einkaufswelt ebneten. Die Wallets können auf jedem Gerät und in allen Vertriebskanälen verwendet werden, wie zum Beispiel im Einzelhandel, online, auf dem mobilen Gerät und in der virtuellen Realität.

Denken Sie, wir werden jemals einen Punkt erreichen, an dem wir wirklich ­einen globalisierten Zahlungsverkehr ­haben werden?

Ja und nein. Ja, wenn wir von den Verbrauchern sprechen. Sie werden einen wirklich globalisierten Zahlungsverkehr erleben. Mit den heutigen Kreditkarten ist dieser Punkt schon beinahe erreicht. Aus Sicht der Händler sieht es jedoch anders aus. Das ­Bedürfnis, die Kosten und die Konversionsrate zu optimieren, führt fast immer zu ­irgendeiner Art von lokaler Lösung, die auf die Kundenvorlieben, Zahlungsarten und Kostenvorteile vor Ort abzielt.

Wie wird der digitale Wandel das Ausgabe- beziehungsweise Zahlungsverhalten der Verbraucher verändern?
Der digitale Wandel wird Einkaufen und Bezahlen komfortabler machen. Die Kultur spielt jedoch auch eine wichtige Rolle: Obwohl das Bezahlen ein eher stiller und automatisierter Prozess werden wird, werden die Verbraucher noch immer entscheiden können, ob sie mit Debitkarte, Kreditkarte oder mittels E-Wallet bezahlen wollen. Verbrauchern, denen die Überwachung ihrer Budgets wichtig ist, werden eher eine ­Debitkarte verwenden. Anderen gefällt die Flexibilität eines Kredits, die mit einer ­Kreditkarte einhergeht. In diesem Sinne werden die Verbraucher vermutlich ihr Verhalten nicht ändern und die Entscheidungen, die sie treffen, werden sich dennoch von den Bedürfnissen der Verbraucher von heute unterscheiden.

Was halten also die nächsten 5, 10 und 20 Jahre im Bereich der Zahlungen für uns bereit?

Das Internet der Dinge (Internet of Things) wird sich auf der ganzen Welt verbreiten. Kleine und große Geräte werden Zahlungen für uns abwickeln: Unsere Autos werden automatisch Benzin und Parkgebühren ­bezahlen, unsere Smartwatches werden für Taxis bezahlen und unsere Smartphones werden sich als universelles Werkzeug ­erweisen, um überall einzukaufen und zu bezahlen. Von diesem Szenario ausgehend wird das Bezahlen zu einem friktionsfreien Prozess. Nur Zahlungsmethoden, die einen solchen Prozess unterstützen, werden Zukunft haben. Das bedeutet aber nicht, dass die Welt neue Zahlungsmethoden braucht. Im Gegenteil: Wir brauchen, wenn das ­Internet der Dinge beginnt unser Leben zu verändern, etablierte Marken, denen die Verbraucher bereits vertrauen. Wie soll Ihr Auto für das Benzin bezahlen? Mit Kreditkarte, PayPal oder der Flottenkarte Ihres Unternehmens? Die Übergabe dieses Vorgangs an unsere Geräte wird einen großen Wandel im Verhalten der Verbraucher darstellen. Neue Zahlungsdienstleister ohne Geschichte oder Vertrauen würden die Verbraucher davon abhalten, neue Technologien anzunehmen, und sie würden den Prozess verlangsamen. Eine vertraute Marke wird wahrscheinlich den Entscheidungsprozess vereinfachen.

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