Für den Handel werden Suchmaschinen als Werbekanal immer wichtiger. Die Ausgaben von Unternehmen für Suchmaschinenwerbung (Search Engine Advertising, SEA) betrugen schon 2014 laut Statista etwa 70 Mrd. Dollar weltweit.
Ziel ist es unter anderem, den potenziellen Kunden im Moment der Recherche mit der Anzeige auf die Webseite zu leiten. Im Idealfall findet dort die gewünschte, als Conversion bezeichnete Handlung des Internetnutzers statt – beispielsweise der Kauf eines Produkts.
Die SEA Kampagnenpflege erfolgt in vielen Unternehmen noch manuell. In einem gemeinsamen Projekt von Shopping24, einem Unternehmen der Otto Group, Vertretern der Otto Group, dem Fachgebiet Electronic Markets der TU Darmstadt und der Juniorprofessur für Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt E-Commerce der Universität Passau wurde ein Ansatz entwickelt, um SEA-Kampagnen von der Keyword-Recherche bis zum Startgebot vollständig zu automatisieren. Insgesamt konnte Shopping24 die Zahl der Seitenaufrufe mehr als verdreifachen. Der Deckungsbeitrag der Kunden, die über diesen für das Unternehmen wichtigen Kanal akquiriert wurden, steigerte sich auf das Fünffache. Für die neue Herangehensweise an Suchmaschinenwerbung wurde die beste Kooperation mit dem Wissenschaftspreis 2017 geehrt.
Ebenfalls geehrt wurden folgende Arbeiten in den Kategorien Beste Dissertation, beste Masterarbeit, beste Bachelorarbeit – mit erstmalig zwei Gewinnern.
Beste Dissertation: Vom Surfer zum Käufer
Das Internet bietet Onlinehändlern eine Fülle an Nutzerdaten. Die gezielte Analyse der Clickstream Data stellt für viele Händler allerdings eine große Herausforderung dar. Dr. Ingo Becker von der ETH Zürich untersucht daher in seiner Arbeit die Zusammenhänge zwischen Surf- und Kaufverhalten und leitet daraus u.a. den Wertbeitrag einzelner Marketingkanäle von Onlinehändlern ab. Er analysiert darüber hinaus die Bedeutung von Zeitabständen zwischen zwei oder mehreren Klicks, übersetzt diese in Kaufwahrscheinlichkeiten und bewertet die Kanalpräferenzen von Nutzern. Online-Händlern bietet die Dissertation zahlreiche methodische und praktische Empfehlungen, um aus dem Blindflug im Onlinemarketing eine Punktlandung zu machen.
Beste Masterarbeit: Chaos mit System
Die Masterarbeit von Felix Weidinger von der Friedrich-Schiller-Universität Jena untersucht die bislang kaum erforschte, aber in der Praxis häufig eingesetzte Lagerhaltungsstrategie „Scattered Storage“ (ugs. chaotische Lagerhaltung) und liefert konkrete Lösungsansätze für eine optimierte Lagerplatzvergabe. Das von ihm entwickelte Optimierungsverfahren lässt sich auf verschiedene Lagerlayouts übertragen und reduziert – wie eine ausführliche Simulationsstudie zeigt – die Wegstrecken von Kommissioniertouren um bis zu 50 Prozent, wodurch Kosten gesenkt werden.
Beste Bachelorarbeit: Datenschätze schneller heben
In seiner Bachelorarbeit geht Mohamed Kari, Student an der Universität Duisburg-Essen, der Frage auf den Grund, wie Entscheidungen im Einzelhandel von der In-Memory-Technologie profitieren können. Die Arbeit zeigt am Bsp. SAP HANA, dass besonders Preis-, Sortiments- und Promotionsentscheidungen, die durch In-Memory-Datenbanksysteme unterstützt werden, wesentlich schneller getroffen werden können. Ein großer US-amerikanischer Einzelhändler beispielsweise, der pro Jahr rund 13 Mrd. Warenkörbe generiert, bräuchte für eine datenbasierte Entscheidungsfindung mit klassischen Systemen etwa 150 Tage. Neue IT-Architekturen auf Basis von In-Memory verkürzen diesen Prozess auf nur zwei Tage.
Beste Bachelorarbeit: Einfluss auf das Kaufverhalten
Welchen Einfluss hat die Anordnung von Produkten nach geordneten Durchschnittspreisen auf die Wahrnehmung und das Kaufverhalten der Kunden? Dieser Frage widmet sich die Bachelorarbeit von Luisa Kuschke von der Ruhr-Universität Bochum. Auf Grundlage eines Feldexperiments bei dem schweizer Schuheinzelhändler Ochsner Shoes konnte der Nachweis erbracht werden, dass bei einer Anordnung der Produkte nach aufsteigenden Preisen höhere Umsätze erzielt werden können. Der Händler konnte mit dieser Erkenntnis das Kundenverhalten und den Umsatz positiv beeinflussen, ohne die Produkte, Preise oder die Gestaltung des Geschäfts verändern zu müssen.
10 Jahre Wissenschaftspreis
Zum zehnjährigen Jubiläum des Wissenschaftspreises kamen am gestrigen Abend auf Einladung von EHI Stiftung und GS1 Germany rund 350 geladene Spitzenkräfte der Handelsbranche nach Düsseldorf. „Seit nunmehr 10 Jahren hilft der Wissenschaftspreis praxisrelevante Probleme mithilfe der Wissenschaft zu lösen und leistet damit einen wertvollen Beitrag zur positiven Entwicklung des Einzelhandels in vielen Bereichen“, erläutert Prof. Götz W. Werner, Vorstandsvorsitzender der EHI-Stiftung und EHI-Präsident.