Bezahlsysteme: Cash is still King

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Immer wieder ist Cash totgesagt worden. Doch die Wahrheit sieht anders. Etwa 80 Prozent aller Zahlungen werden in der Eurozone in bar abgewickelt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im November 2017 eine Studie veröffentlicht, aus der klar hervorgeht, dass im Gebiet der 19 Länder der Eurozone Zahlungen nach wie vor überwiegend mit Bargeld erledigt werden. Dies betrifft etwa 80 Prozent aller Geldprozesse, wertmässig sind es laut EZB 54 Prozent.

Am meisten wird in Banknoten oder Münzen in den drei südlichen EU-Ländern Italien, Spanien und Griechenland bezahlt. Pro Tag legt hier jeder Bürger 1,7 Mal Bargeld auf den Tisch. Kartenzahlungen sind dagegen besonders in den Niederlanden, Luxemburg, Finnland und Estland beliebt, etwas mehr als die Hälfte der Zahlungen pro Tag wird dort auf diese Weise erledigt. Auch in Ländern wie Deutschland, Österreich und Slowenien laufen noch etwa 80 Prozent der Zahlungen mittels Bargeld.

Wieviel Bargeld jemand mit sich herumträgt, wird von der EZB als Indikator für seine Cash-Zahlungen angesehen. Beim durchschnittlichen Europäer sind es 65 Euro, in Deutschland sogar 103 Euro (Zahlen für 2016). Auf der anderen Seite sind es beim durchschnittlichen Portugiesen 29 Euro, gefolgt vom Franzosen mit 32 Euro.

Demographisch betrachtet bevorzugen Männer, und vor allem jene zwischen 40 und 64 Jahren, das Bezahlen mit Cash. Jüngere Konsumenten zwischen 18 und 39 Jahren machen weniger Bargeldausgaben. Angesichts des Bildungsniveaus beim Gebrauch von Cash haben die Forscher der EZB keine nennenswerten Unterschiede festgestellt. Das gleiche gilt auch, wenn Männer und Frauen betrachtet werden – die Umfrageresultate sind überwiegend homogen.

Am wenigsten kommen Kartenzahlungen bei Konsumenten unter 25 Jahren und bei jenen mit einem vergleichsweise geringen Bildungsgrad vor, heißt es bei der EZB.

Widersprüche beim Bezahlen mit Cash

Wie die EZB in ihrer Studie mitteilt, unterschätzen viele Personen, in welchem Umfang sie Cash benützen. Bei Umfragen geben sie häufig an, mehr ihre Kreditkarten einzusetzen, als sie es in Wirklichkeit tun. Dies mag damit zusammenhängen, dass nahezu zwei Drittel aller Transaktionen an POS-Systemen Beträge unter 15 Euro betreffen. Außerdem finden zwei Drittel aller POS-Transaktionen in Läden für den täglichen Bedarf oder in Restaurants, Bars und Cafés statt. Nur bei acht Prozent aller POS-Transaktionen geht es um Beträge über 50 Euro, und nur 14 Prozent aller Ausgaben werden für langlebige Güter oder an Tankstellen getätigt. Das bedeutet zusammen genommen, dass wesentlich mehr Cash-Ausgaben getätigt werden, als sich viele Leute bewusst sind, und dass die grösseren Ausgaben per Kreditkarte stärker im Bewusstsein haften bleiben.

Es bleibt mithin fragwürdig, wie tiefgreifend wirklich die angebliche Transformation weg von Cash zu anderen Zahlungsmitteln ist. Nur in wenigen Ländern, darunter Norwegen und Schweden, gibt es eine echte Abkehr vom Bargeld. Viele befragte Pertsonen geben sogar an, regelmäßig größere Geldbeträge zu Hause aufzubewahren – als Reserve für unvorhergesehene Ausgaben.

Retailer sollten es sich also sehr gründlich überlegen, wieweit sie selbst in Non-Cash-Systeme investieren. Von einem “objektiven” Zwang kann kaum die Rede sein. Und eventuell würde man mit neuen bargeldlosen Bezahlsystemen sogar viele Kunden verprellen. Es kommt also auf die richtige Mischung an.