Im Einzelhandel steht die Zufriedenheit des Kunden im Mittelpunkt. Doch das hängt nicht nur allein vom gekauften Produkt ab, sondern auch von der Customer Journey, dem Einkaufserlebnis des Verbrauchers. Im Smartphone-Zeitalter reagieren Kunden zunehmend auf die Möglichkeiten des E-Commerce und möchten dabei jede Option nutzen. Internetaffine „Multichannel-Enthusiasten” recherchieren das gewünschte Produkt und kaufen es entweder gleich online oder bestellen es in das gewünschte Geschäft.
Kunden nutzen oft den Service im Geschäft und kaufen es dann doch online, doch umgekehrt funktioniert das genauso. Das bestätigt der Marketing-Leiter des Taschenherstellers Bree, Lars Maschmeyer, in einer Handelsstudie der IHK zur Umsatzsteigerung durch Multi-Channel-Strategien: „Die Kunden wollen sich vorab über die Produkte informieren. Ohne Online-Shop ist Bree heute nicht mehr vorstellbar.“
Stationärer Handel im Vorteil
Eine Studie der IHK Köln zeigte bereits 2010, dass Multichanneling den Verkaufsumsatz steigert. Dem sogenannten Multichannel-Umsatz wurde eine Steigerung von rund 10 Prozent auf rund 17 Prozent prognostiziert, während der Umsatz des rein stationären Handels von 84 Prozent auf 73 Prozent sank. Eine Studie der Beratung Roland Berger beziffert den Anteil des Multichannel-Absatzes 2013 sogar bereits auf 40 Prozent.
Einig sind sich die Studien darin, dass Offline-Handel weiterhin den größeren Marktanteil ausmacht – von Verdrängung also keine Spur. Unternehmen aus dem stationären Handel haben eine bessere Ausgangslage als reine Online-Anbieter um Mehrkanal-Geschäfte aufzubauen, erklärt der Geschäftsführer im Bereich Handel bei Accenture, Christoph Schwarzl: „Nur sie sind in der Lage, Kunden die Vorteile der Kombination beider Kanäle anzubieten.”
Wie sich die Nutzung der Kanäle heute verteilt, darauf gibt der Trendreport der Analysten der Firma Apteco von 2016 Hinweise: Email-Marketing ist nach einer Umfrage unter IT- und Marketingexperten in verschiedenen europäischen Ländern immer noch der erfolgreichste Kanal. Direct-Mailings und Call-Centers hätten dagegen im Vergleich zu den Vorjahren stark an Bedeutung verloren. Social-Media-Kanäle wie Facebook & Co. würden erst dann attraktiver für Unternehmen, wenn sich diese einfacher und automatisiert über Content-Management-Systeme für Kampagnen befüllen lassen.
Omni-Channel-Marketing in dynamischen Märkten
Das Konzept des Omni-Channel-Marketing rea/giert auf die Herausforderungen wachsender globaler und dynamischer Märkte. Um das Einkaufserlebnis heterogener Zielgruppen zu verbessern, verfolgen Händler zunehmend Omni-Channel-Marketing-Strategien. Stores, Online-Shops oder Apps auf mobilen Geräten werden parallel bedient und stehen sämtlichen Zielgruppen zur Verfügung. Einfach gesagt: Kunden werden dezentral und in Echtzeit mit Informationen zu Angeboten versorgt und erhalten so die Möglichkeit auf allen Kanälen desselben Retailers einen Kauf zu tätigen ohne aktiv den Kanal auswählen zu müssen.
“Als wichtigste Fähigkeit sehe ich eine tiefe, nachhaltig ernst gemeinte Kundenorientierung an. Mit dieser steht und fällt aus unserer Erfahrung jede Omni-Channel- oder digitale Transformation. Im operativen Bereich folgen dann sehr schnell neue bzw. integrierte Kompetenzen in der IT, in der Logistik und auch im Marketing. Hierbei geht es um Themen wie Echtzeit-Warenverfügbarkeit, B2C-Retouren-Handling, Lieferung im Zeitfenster oder integriertes Performance-Marketing”,
Cross-Retail-Experte Benedikt Schmaus in einer pwc-Studie
Marketing-Automation als Antwort
Die Einschätzung von Schmaus zeigt, dass Handel in Zeiten der Digitalisierung eine stetige Herausforderung bleiben wird. Neben den hohen Anforderungen an das Personal und Führungskräfte, Logistik und Technologien ist vor allem die Umstellung auf eine neue oder die Aktualisierung einer bestehenden IT-Infrastruktur ein erster wichtiger Schritt.
Gerade für die gezielte Kundenansprache im Omni-Channelling bieten Unternehmen wie Salesforce, IBM oder Oracle Marketing-Automation-Software an, die genau diese Form von kanalübergreifendem Targeting und Campaigning möglich machen. Zum Teil besitzt diese Software Schnittstellen zu bereits vorhandener CRM-Software und lässt so eine umfassende Integration der Marketingdaten zu. Allerdings gilt das nicht für alle Anbieter. In manchen Fällen lohnt es daher alte CRM-Software mit entsprechenden Content-Management-Modulen und Campaigning-Tools nachzurüsten.
Die sogenannten Marketing Clouds von IBM, Oracle und Salesforce sind allerdings nicht die einzigen Lösungen auf dem Markt. Abonnements zwischen 10 und 400 Euro im Monat erhält man unter anderem auch bei diesen Firmen:
- Act-On
- autopilot
- Bynder
- Firecart
- Genoo
- Marketo
- WebEngage
Eine Recherche im Internet bringt darüber hinaus schnell weitere Anbieter hervor. Eine Beratung über bereits vorhandene CRM-Systemen anderer Anbieter ist gerade bei diesen kleineren Unternehmen sehr empfehlenswert. Außerdem sollte beachtet werden, dass nicht alle dieser kleinen Anbieter auch eine Implementierung von Social Media, Apps und anderen Channels anbieten.