So reagieren Sie auf Störungen in der Supply Chain

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Weltweit spüren Unternehmen die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Aus einer erst im April veröffentlichten Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags e.V. (DIHK) geht hervor, dass bereits bei rund 45 Prozent der befragten Unternehmen Probleme in der Lieferkette und Logistik aufgetreten sind. Das zeigt, wie anfällig die Supply Chain in Krisensituationen ist, und wie stark solche Störungen die Geschäftskontinuität beeinträchtigen können.

Deshalb müssen Unternehmen jetzt aktiv werden und entsprechende Lösungen und Strategien implementieren, um ihre Geschäftskontinuität langfristig zu sichern. Mit den folgenden vier Schritten lassen sich die Herausforderungen der Krise mit der erforderlichen Flexibilität bewältigen:

Schritt 1: Konnektivität sicherstellen und Digitalisierung vorantreiben

Die Digitalisierung macht auch vor Lieferketten nicht halt. Sie ist die Basis für die Vernetzung der Produktion und Logistik und sorgt unter dem Begriff Industrie 4.0 für optimierte Prozesse und Lieferketten. Dennoch wird die Digitalisierung in knapp jedem vierten Unternehmen von der Geschäftsführung ausgebremst. Das zeigen die Ergebnisse einer im Auftrag des Bundesverbands für Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) durchgeführten Studie. Unternehmen arbeiten häufig mit überholten Prozessen wie Tabellenkalkulation und E-Mails, um Daten zu extrahieren und auszutauschen.

Laut des Supply Chain Resilience Report nutzen rund 46 Prozent der Unternehmen Microsoft Excel, um Störungen in der Lieferkette zu prognostizieren, zu identifizieren und zu reporten. Das kann jedoch die Produktivität beeinträchtigen und Entscheidungen erschweren. Das heutige Supply Chain Management erfordert Automatisierung, Effizienz und Schnelligkeit. Gefragt sind Cloud-basierte Tools sowie Technologien wie maschinelles Lernen (ML), Künstliche Intelligenz (KI), das Internet der Dinge (IoT) und digitale Zwillinge – also virtuelle Abbilder eines physischen Prozesses. Dadurch erhalten Unternehmen Funktionen, um verwertbare Informationen effizient zu erfassen, zu analysieren und daraus zeitnah Maßnahmen abzuleiten.

Durch die Verbesserung der Konnektivität mit Partnern entlang der Lieferkette sowie durch die Digitalisierung von Informationen entsteht zudem eine sogenannte „Single Source of Truth“. So wird eine durchgängige und einheitliche Sicht auf die gesamte Lieferkette des Unternehmens ermöglicht. Damit haben alle Beteiligten jederzeit und an jedem Standort Zugang zum Handelsnetzwerk und können besser zusammenarbeiten. Die Bereitstellung von aktuellen Informationen und Daten in Echtzeit sowie der schnelle Zugang zu Kapital erhöhen die Transparenz und Handlungsgeschwindigkeit des gesamten Partnernetzwerks.

Durch das Auftreten unvorhergesehener Störungen müssen Unternehmen häufig kurzfristig reagieren und alternative Lieferwege und -möglichkeiten finden. Die verbesserte Konnektivität erlaubt eine frühzeitige Benachrichtigung etwa bei Engpässen und ermöglicht es anderen Lieferanten, proaktiv zu unterstützen.

Moderne Supply Chains gehören in die Cloud. Denn die Cloud und moderne Tools wie KI oder IoT versetzen Unternehmen in die Lage, Störungen in der Lieferkette schneller zu identifizieren, zu bewerten und mit gezielten Maßnahmen darauf zu reagieren.  Ändern sich die Rahmenbedingungen innerhalb der Lieferbeziehung, schafft Digitalisierung mit Hilfe von Big-Data-Analytics die nötige Transparenz – beispielsweise um Kapazitätsengpässen entgegenzuwirken. Mit der richtigen cloudbasierten Supply-Chain-Lösung lässt sich die Effizienz im gesamten Unternehmen verbessern.

Schritt 2: Transparenz schaffen

Um schnell auf Veränderungen reagieren zu können, müssen diese frühzeitig erkannt werden. Auch hier zahlt sich eine transparente Lieferkette aus. Unternehmen benötigen eine ganzheitliche Sicht auf ihre Supply Chain, um alle Aspekte bei Planung und kontinuierlichem Monitoring zu berücksichtigen. Wird die Lieferkette auf der Basis von Echtzeit-Daten gesteuert, kann sie sich beispielsweise schneller an eine veränderte Nachfrage anpassen. Damit Unternehmen in riskanten Situationen schneller reagieren können, sollten sie die gesamte Supply Chain kontinuierlich monitoren – von der Nachfrageentwicklung über die Kapazitätsplanung bis hin zur Abrechnung.

Jede Komponente wirkt sich direkt auf die anderen Bereiche der Lieferkette aus. Beispielsweise kann ein Lieferant, der nicht rechtzeitig bezahlt wird, in eine nachteilige Cashflow-Situation kommen. Das kann dazu führen, dass er einen zukünftigen Auftrag nicht mehr ausführen kann. Auch ungenaue Prognosen können eine verfehlte Kapazitätsplanung der Fertigungslinie zur Folge haben. Im schlimmsten Fall ist der Hersteller nicht in der Lage, die benötigten Teile oder Produkte zu liefern.

Um größtmögliche Transparenz zu gewährleisten, sollte außerdem die Zahl der 1:1-Schnittstellen zwischen Partnern minimiert werden. Sinnvoll ist es, alle an der Supply Chain Beteiligten auf einer globalen Plattform zu vernetzen – von Lieferanten und Herstellern bis hin zu externen Logistikanbietern und Banken. Das verbessert die Transparenz in der Lieferkette sowie die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und hilft, potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und schnell darauf zu reagieren.

Schritt 3: Zusammenarbeit fördern

Lieferanten, Hersteller, Logistikdienstleister, Finanzinstitute: Damit die Lieferkette reibungslos funktioniert, sind Unternehmen heute von vielen internationalen Handelspartnern abhängig. Umso wichtiger ist es, dass sie bei komplexen Prozessen über ein entsprechendes Netzwerk verfügen. Mehr als 80 Prozent der Supply-Chain-Abläufe und -Daten befinden sich außerhalb des eigenen Unternehmens. Umso wichtiger ist die Konnektivität entlang der Lieferkette. Über eine Netzwerkplattform mit integrierten Kollaborationstools, beispielsweise Infor Nexus, können die Partner einfach Informationen austauschen und zusammenarbeiten. Gleichzeitig haben sie Zugriff auf alle notwendigen Daten, um schneller bessere Entscheidungen zu treffen.

Autor: Matthias Sartor, Senior Director Business Consulting DACH bei Infor

Um die Belastbarkeit der Supply Chain und die Reaktionsgeschwindigkeit bei Störungen zu erhöhen, ist eine effektive Kooperation entlang der Lieferkette notwendig. Erfolgsentscheidend sind dabei drei Schlüsselelemente: Konnektivität, Ko-Abhängigkeit und Vertrauen. Der Aufbau enger Kooperationsbeziehungen ist wichtig, damit sich die Partner entlang der Lieferkette auch in Krisenzeiten vertrauen und zeitnah Transparenz gewährleisten. Der frühzeitige Austausch von Prognosen, Aufträgen oder Veränderungen und Erkenntnissen trägt wesentlich dazu bei, den gemeinsamen Erfolg zu sichern – besonders in Krisensituationen.

Schritt 4: Herausforderungen in neue Chancen umwandeln

Erfolgreiche Unternehmen nutzen neue Herausforderungen gleichzeitig als Anstoß für Innovationen. Ob Qualitätsverluste oder versäumte Lieferungen: Durch das Analysieren von Fehlern und die Identifikation der Hauptursachen lassen sich viele Mängel dauerhaft beseitigen. Bei unvorhersehbaren Störungen hilft ein zeitnah implementierter Notfallplan, um die Auswirkungen abzuschwächen. Im besten Fall entwirft das Unternehmen Strategien, um Schwachstellen künftig schnell zu erkennen und zu beheben. Auf diese Weise tragen Krisensituationen wie diese dazu bei, neue Ideen zu entwickeln, um die Effektivität der Lieferketten zu erhöhen und die Koordination des Warenflusses zu verbessern. Das hilft Unternehmen, sich von Störungen zu erholen.

Die Corona-Krise beweist, wie komplex und fragil globale Lieferketten sind. Supply-Chain-Manager müssen kurzfristig Entscheidungen treffen, um schnell auf auftretende Störungen entlang der Lieferkette zu reagieren. Unternehmen müssen heute anpassungsfähig und innovativ sein. Nur dann können sie die derzeitigen Herausforderungen als Chancen für die Zukunft nutzen und am Ende gestärkt aus der Krise hervorgehen.