Bekommt Amazon Konkurrenz aus Asien?

0

Der Erfolg von Amazon ist einmalig: vom Online-Buchhändler zum omnipräsenten Internet-Händler. Chinesische Retailer sind dabei, Amazon Paroli zu bieten.

Der amerikanische Online-Händler ist inzwischen so marktbeherrschend und einflussreich, dass er Herstellern Dumping-Preise und und Mitarbeitern prekäre Beschäftigungsverhältnisse diktieren kann. Konkurrenz gab es bis nur in geringem Ausmaß: die amerikanische Retail-Kette Walmart versuchte bisher vergeblich, ein Online-Gegengewicht zu Amazon aufzubauen, und der japanische Online-Retailer Rakuten kam in Großbritannien und Europa nicht über Anfangserfolge hinweg.

Zwei potentielle Konkurrenten aus China, die auf dem heimischen Markt teilweise größere Umsätze als Amazon weltweit erzielt hatten, hielten sich bisher mit einer Expansion nach USA und Europa zurück. Doch das könnte sich jetzt allmählich ändern.

Alibaba erzielte allein im vierten Quartal 2017 vor allem in seinem Online-Geschäft einen Gewinn von 3,6 Milliarden Dollar, während Amazon auf die vergleichsweise geringere Summe von zwei Milliarden Dollar kam. ­Jack Ma, der Gründer von Alibaba, versprach bereits vor einem Jahr dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump, für eine Million neuer Jobs in den USA zu sorgen. Geschehen soll das durch das Angebot an an amerikanische Firmen, ihre Produkte auf den beiden Alibaba-Online-Marktplätzen Taobao und Tmall zu verkaufen.

Der chinesische Handelsgigant hat die Größe und das Kapital, um international zu expandieren. Richtige Schritte in diese Richtung wurden aber bisher nur nach Südostasien unternommen. In Richtung USA und Europa herrscht – noch? – Zurückhaltung. In einem Gespräch, das das Wall Street Journal im Oktober 2017 mit Joseph Tsai, Executive Vice Chairman von Alibaba führte, betonte der Chinese, dass man zwar ähnlich wie Amazon aufgestellt sei und neben Retail auch über Angebote für Cloud Computing, Logistik, Bezahlsysteme oder Medien verfüge. Man sei aber ein Unternehmen aus einem Entwicklungsland, das der amerikanischen Wirtschaft um sieben bis acht Jahre hinterherhinke. Tsai betont: „E-Commerce ist ein sehr, sehr schwieriges Geschäft. Es geht nicht nur darum, eine App oder eine Webseite zu starten. Es geht vielmehr darum, eine komplette Supply Chain zu entwickeln und am Laufen zu halten. Wir müssen uns darum kümmern, Händler zusammenzubringen, wir müssen uns um Logistik kümmern und wir müssen uns um Bezahlsysteme kümmern.“

Mit dieser Strategie ist die internationale Expansion nur hinausgeschoben. Sie ist im Kontext der chinesischen Wirtschaft zu sehen: „Unsere internationale Expansion dreht sich um unsere Kunden, die heute Geschäfte in China machen. Wenn sie mehr mit dem Ausland Geschäfte machen werden, werden wir ihnen bei der Expansion helfen.“

Nicht nur Alibaba

Alibaba hat auf dem chinesischen Markt einen Konkurrenten namens JD. JD-Gründer Richard Liu beschreibt sein Unternehmen wie folgt: „Die Regel bei JD.com lautet, dass wir niemals am Geld sparen, wenn wir uns für etwas entschieden haben.“ Und dieser Wettbewerber will es wissen und schon jetzt auf andere Märkte expandieren. Großbritannien, Deutschland und Frankreich sollen die ersten Länder sein, in denen JD.com Präsenz zeigen will. In Frankreich will man eine Milliarde Euro in ein Logistik-Netzwerk investieren, um sich so von Amazon und später von Alibaba absetzen zu können. Laut Liu setzen diese vor allem auf externe Logist-Anbieter wie DHL, deren Technologie „Jahrzehnte alt“ sei. In der zweiten Jahreshälfte 2018 will sich JD an der Westküste der USA etablieren, vor allem wegen der Nähe zu China.

Fazit

Inzwischen hat sich Amazon offenbar entschlossen, sich von Logistik wie UPS oder FedEx in den USA zu trennen. Die neue Parole lautet „Shipping with Amazon“. Testgebiet soll zunächst Los Angeles sein. Schon seit ein paar Jahren hat Amazon in den USA 40 Flugzeuge geleast, um den Transport der Waren seiner Lieferanten zu beschleunigen. Außerdem will Amazon damit beginnen, den Amazon-Prime-Kunden der biologisch ausgerichteten Retail-Kette Whole Foods, die Mitte 2017 für 14 Milliarden Dollar gekauft worden war, online bestellte oder im Laden eingekaufte Waren nach Hause zu liefern. Sobald Amazon diesen eigenen Service auf andere Länder ausweitet, dürfte der Druck auf staatliche oder private Postdienste enorm ansteigen. Diese hatten sich immerhin in den letzten Jahren ein ordentliches Stück vom wachsenden Markt der Online-Retailer einverleiben können.

Ende 2017 zählte Amazon 566.000 Mitarbeiter, davon 90.000, die durch den Kauf von Whole Foods hinzugekommen waren, und etwa 40.000 neu eingestellte. Im Februar 2018 teilte Amazon mit, dass vor allem im Hauptquartier in Seattle Personal eingespart werden soll, aber auch an anderen Stellen wird es zu einer Konsolidierung kommen. Darin bereits ein Krisenzeichen zu sehen, dürfte reichlich übertrieben sein. Der Koloss ist bisher nicht ins Wanken geraten, zumal das Geschäft mit Cloud-Computing der Division Amazon Web Services (AWS) weiterhin dicke Gewinne einfährt.