Im Laden einkaufen funktioniert nicht immer ohne Umstände. Ware, die nicht vor Ort ist, muss erst bestellt werden. Das kann dauern. Neue Info-Points im Laden versprechen eine schnelle Lösung.
Im Buchhandel war das eigentlich schon lange bekannt: Man geht in den mehr oder weniger großen Buchladen, oft eben auch in das nahe gelegene Lieblingsgeschäft mit dem kompetenten und freundlichen Personal, und möchte etwas herumstöbern oder direkt etwas kaufen. Geht aber nicht. Gar nicht da oder schon weg. Aber man kann ja bestellen – und morgen oder in ein paar Tagen kann man dann sein Buch abholen. Nicht ganz bequem, aber geht schon. Immerhin fast so gut wie bei dem großen, anonymen Amazon ….
Eigentlich ist also alles (fast) auf Lager. Bei Būchern und seinem vielleicht etwas besonderen Publikum, dem es mehr um Inhalte und nicht so sehr um das haptische Einkaufserlebnis mit Anschauen, Ausprobieren, vor den Spiegel treten und so weiter geht, kann man mithin schon länger auf virtuelle (Bücher-)Regale zugreifen.
Im etwas anders strukturierten Handel mit Kleidern, Schuhen, Haushaltsgegenständen oder Möbeln weiß man sehr oft eigentlich gar nicht, was man genau oder ungefähr haben möchte – eine dicke Chance für gut informierte und gewiefte Verkäufer. Dennoch: Man findet etwas, aber häufig – selbst in sehr großen Geschäften – ist es dann doch nicht im Regal oder im Lager.
Das virtuelle Regal, das jetzt mit digitaler Technik Einzug in erste Geschäfte hält, bietet dagegen ungeahnte Möglichkeiten.
Die Schweizer Schuhhandelskette Vögele hat vor einiger Zeit damit begonnen, in mehreren Filialen digitale Info-Points und Werbe-Displays einzusetzen, um den Kunden ein neuartiges Omnichcannel-Angebot zu bieten. Die Konzeption und die praktische Umsetzung des Projekts erfolgte durch den Aargauer POS-Spezialist Richnerstutz und sein deutsches Tochterunternehmen netvico aus Stuttgart.
Die Info-Points ermöglichen laut Richnerstutz und netvico den Kunden ein neuartiges Einkaufserlebnis: “Ist das bevorzugte Modell nicht in der gewünschten Größe und Farbe in der Filiale erhältlich, kann der Kunde den Wunschartikel am Info-Point betrachten und gleich bestellen – in die entsprechende Filiale oder gleich kostenlos nach Hause.” Die beiden Firmen entwickelten und installierten die Info-Points, die jetzt in zehn Filialen im Einsatz sind. Derzeit werden weitere sechs Verkaufsstellen ausgerüstet, weitere sind geplant, heißt es bei den Lieferanten. Neben den neuen Info-Points runden klassische Werbe-Displays das kundenfreundliche Erscheinungsbild der Filialen ab.
Der verlängerte Laden
Richnerstutz erläutert. “Die Info-Points erlauben eine einfache und schnelle Bestandsabfrage, die einerseits dem Verkaufspersonal die Arbeit erleichtert und andererseits als Verkaufsunterstützung in Kundengesprächen eingesetzt werden kann. Mit den Info-Points haben die Kunden eine deutlich größere Sortimentsauswahl zur Verfügung. So bietet zum Beispiel seit dem Frühjahr 2017 selbst eine verhältnismäßig kleine Filiale wie die im Bahnhof Bern das gesamte Sortiment von über 4.000 Schuhmodellen zur Auswahl an.”
Im Laden können die Kunden von Vögele Shoes die Info-Points selbstständig oder mit Unterstützung des Verkaufspersonals nutzen. Ist die gewünschte Größe, Farbe oder das Modell vor Ort gerade nicht erhältlich, verschafft der Info-Point den Kunden mit wenigen Klicks die Möglichkeit der Bedstellung. Ziel dieser digitalen Transformation sei es, durch “die Verknüpfung von Online und Offline” eine verlängerte Ladentheke oder ein virtuelles Regal anzubieten. Der Kunde solle die Vorzüge beider Welten geniessen.
Sabine Schwärzler, Leiterin E-Commerce bei Vögele Shoes, sieht einen großen Fortschritt für das zeitgemässe Einkaufserlebnis: „Kunden kommen mit großer Vorfreude und Neugier in unsere Filialen. Um das Shopping-Erlebnis erfolgreich werden zu lassen, möchten wir sicherstellen, dass die Wunschschuhe in der passenden Größe entweder vorrätig oder online verfügbar sind. So ist der Besuch in unseren Filialen immer ein positives Erlebnis. Dank der neuen Info-Points von Richnerstutz und netvico verknüpfen wir in idealer Weise unsere Online- und Offline-Angebote.”
Es bleibt abzuwarten, wieviele Retailer diesem Beispiel folgen werden. Für das Zusammenspiel von Off- und Online spricht jedenfalls einiges. Gerade kleine Läden in guter, teurer Einkaufslage, aber mit begrenzter Verkaufsfläche vor Ort könnten von der Technologie des virtuellen Regals zweifellos profitieren.